Am Wiener AKH wird bereits seit 1999 das subkutan zu verabreichende Prostazyklinanalogon Treprostinil mit Erfolg zur Therapie von verschiedenen Formen der pulmonalen Hypertension angewendet.
Die pulmonale Hypertension (PH) ist durch erhöhten Druck und Widerstand in den Lungengefässen charakterisiert. Aufgrund der relativ unspezifischen Beschwerden, wie Leistungsschwäche und rasche Ermüdbarkeit in den Frühstadien, wird die Erkrankung häufig erst dann diagnostiziert, wenn bereits eine Rechtsherzinsuffizienz vorliegt. Typische Beschwerden sind dann schwere Atemnot, Stenokardien und Synkopen. Unbehandelt kommt es innerhalb von 23 Jahren nach Diagnosestellung zu Rechtsherzversagen und Tod. Aufgrund der unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten ist es besonders wichtig, die der PH zugrunde liegende Ursache herauszufinden. In seltenen Fällen muss die Diagnose einer idiopathischen PH gestellt werden.
Diagnostik
Die diagnostische Abklärung einer PH beinhaltet die transthorakale und transösophageale Echokardiographie mit Doppler, Spiral-Computertomographie, Ventilations-/Perfusionsszintigraphie, Lungenfunktionstestungen mit arterieller Blutgasabstimmung, Rechtsherzkatheter mit Vasodilatatoraustestung und Pulmonalisangiographie.
Die Beurteilung des Schweregrades der PH basiert auf der funktionellen Klassifikation der New York Heart Association Klassen IIV und auf dem 6-Minuten-Gehtest. Beim 6-Minuten-Gehtest, einem Leistungstest, der kein Belastungstest sein soll, wird auf einem geraden Wegstück, auf dem mindestens 50m in Halbmeterschritten markiert sind, ohne Eile bequem geradeaus gegangen. Eine 6-Minuten-Gehstrecke von <150m weist auf schwerste funktionelle Beeinträchtigungen hin. Eine gesunde Person kann vergleichsweise mehr als 600m in 6 Minuten so zurücklegen.
Therapeutische Massnahmen
Die Therapieformen der PH umfassen als Basismassnahmen körperliche Schonung, konventionelle Behandlungen wie Sauerstoff, Diuretika, Digitalis, orale Antikoagulation in einem INR-Bereich zwischen 1,9 und 2,2 sowie niedrig dosierte Kalziumantagonisten wie Diltiazem oder Nifedipin. Zur PH-spezifischen Behandlung gehören Substanzen mit vasodilatativer Wirkung, wie zum Beispiel Prostazyklin und Prostazyklinanaloga, inhalatives Stickoxid, Endothelin-Rezeptor-Antagonisten und Phosphodiesterase-Hemmer. Die Lungentransplantation stellt als chirurgische Massnahme eine ultimative Therapieform dar.
Die Langzeitgabe von intravenösem Prostazyklin (Epoprostenol) ist immer noch therapeutischer Goldstandard mit eindeutig nachgewiesener Verbesserung von Lebensqualität und Überlebenszeit. Die Notwendigkeit der Dauerapplikation über eine Pumpe, die mit einem permanenten zentralen Venenkatheter in Verbindung steht, macht diese Therapieform unattraktiv. Katheterinfektionen und Luftembolien können bei den ohnehin schwer kranken Patienten zu lebensgefährlichen Situationen führen.
Applikation des subkutanen Treprostinil über Insulinpumpe
Seit 1999 steht in Europa und in den USA das subkutan zu verabreichende Prostazyklinanalogon Treprostinil (Remodulin®) zur Verfügung. Die Applikation des Medikaments erfolgt über eine Insulinpumpe (Minimed, Disetronic) mit einer winzigen Nadel, die im subkutanen Fettgewebe platziert ist (Abb.). Die Hauptlimitierung des Medikamentes scheint im kutanen vasodilatativen Effekt zu liegen. Häufig finden sich gerötete, geschwollene und schmerzhafte Injektionsstellen. Allgemeine Prostazyklin-Nebenwirkungen wie Kopfschmerz, Gliederschmerzen, Durchfall und Übelkeit können auch vorkommen, sind aber viel seltener als die lokale Reaktion.
Erfahrungen mit Treprostinil seit 1999
Wir haben seit Juni 1999 am Wiener AKH 60 Patienten im klinischen Stadium NYHA III-IV (Alter zwischen 25 und 78 Jahren) mit Treprostinil behandelt. Bei jedem einzelnen Patienten wurden die hämodynamischen Werte im Rahmen einer Rechtsherzkatheteruntersuchung, der 6-Minuten Gehtest und die NYHA-Klasse vor Therapiebeginn bestimmt. Die gleiche komplette Beurteilung erfolgte bei 21 Patienten nach 16±7 Monaten bei einer mittleren Treprostinil-Dosis von 35ng/kg/min. Die Diagnosen waren chronisch thromboembolische pulmonale Hypertension (n=7), idiopathische PH (n=8), ASD II (n=2), und komplexe kongenitale Vitien bei vier Patienten. Zwei Gruppen zu 11 und 12 Patienten wurden verschiedenen Dosissteigerungs-Regimes unterzogen. Bei der ersten Gruppe (7 Frauen, 4 Männer) wurde die Dosis langsam gesteigert (Startdosis 2ng/kg/min, wöchentliche Dosissteigerung: 1,25 2,5ng/kg/min), und die zweite Gruppe (10 Frauen, 2 Männer) wurde rasch gesteigert (Startdosis 2,5ng/kg/min, wöchentliche Dosissteigerung: 2×2,5ng/kg/min). Hämodynamische Parameter, lokale Schmerzen und Rötung, Pulsfrequenz, Atemfrequenz, und der Blutdruck waren in beiden Gruppen ähnlich.
Treprostinil bei verschiedenen PH-Formen wirksam
Unabhängig vom Dosissteigerungsregime verminderte Treprostinil den pulmonal-arteriellen Druck, steigerte die Herzauswurfsleistung, und verbesserte die Leistungsfähigkeit sowie die Symptomatik, gemessen an der 6-Minuten-Gehstrecke (278±124m vor Therapie gesteigert auf 399±109m unter Therapie.
Treprostinil stellt daher eine wirksame Therapie für verschiedene Formen der PH dar.
Aus unserer 4,5-jährigen Erfahrung mit Treprostinil lässt sich eine signifikante Verbesserung der Überlebensrate hochrechnen.
Autor:
N. Skoro-Sajer,
D. Bonderman,
M. Kneussl*,
I. M. Lang
Universitätskliniken für Innere Medizin II und IV*, AKH Wien