Im Lungenkreislauf erfolgt bekanntlich der lebensnotwendige Gasaustausch.
Dazu wird das venöse Blut, von der rechten Herzkammer kommend, durch das Kapillarbett der Lunge geleitet, und gelangt dann oxigeniert über die linke Herzkammer in den Körperkreislauf.
Pulmonale arterielle Hypertonie (PAH) besteht, wenn es zur anhaltenden Erhöhung des Pulmonalarterien-Mitteldruckes um >20 mm Hg in Ruhe und >30 mm Hg bei Belastung kommt. Sie kann vererbt sein oder als Folge verschiedener Erkrankungen insbesondere systemischer Kollagenosen wie Sklerodermie und Lupus erythematodes auftreten. Als rare Ursache kommen noch Appetitzügler (Risiko 6-fach erhöht bei einer einzigen, 23-fach erhöht bei längerer Einnahme!) in Frage.
In ganz Europa leiden schätzungsweise 30.000 bis 50.000 Menschen an dieser seltenen Erkrankung. Ähnlich wie beim »gewöhnlichen« Hypertoniker spürt der Patient längere Zeit nichts von seinem Lungenhochdruck. Frühsymptome – dazu zählen Müdigkeit, Kurzatmigkeit und mangelnde Belastbarkeit – sind derart unspezifisch, dass sie oft fehlgedeutet werden. Es kommt zur progressiven Überlastung des rechten Ventrikels und zur Verschlechterung der Sauerstoffversorgung des Körpers anfangs bei Belastung, später auch in Ruhe.
Bisherige therapeutische Möglichkeiten
Die therapeutischen Möglichkeiten umfassten bisher Diuretika, Sauerstoffgaben, Antikoagulantien und seit etwa 20 Jahren Prostacycline als intravenöse Dauergabe.
1988 entdeckte dann der japanische Forscher Mashashi Yanagisawa den stärksten endothelständigen Vasokonstriktor, das Endothelin-1 (ET-1). Es wird vom Gefässendothel gebildet, das nicht nur die Gefässe auskleidet, sondern auch Botenstoffe u.a. zur Regulierung des Gefässtonus freisetzt, nämlich
- dilatierendes Prostacyclin und kontrahierendes Endothelin.
Kurze Zeit später beschrieben andere Forscher die beiden dazugehörenden Rezeptortypen, Endothelin A und B (ETA/ETB). Über diese Rezeptoren vermittelt ET-1 je nach Lokalisation Vasokonstriktion und andere klinisch relevante Effekte.
Erhöhte Endothelin-Konzentrationen finden sich u.a. bei pulmonaler arterieller Hypertonie, Herzinsuffizienz, Niereninsuffizienz und Arteriosklerose. Die Auswirkungen lassen sich mit Endothelin-Rezeptorhemmer reduzieren. Der erste wurde von dem jungen Schweizer Biotechnologieunternehmen Actelion entwickelt und inzwischen als »Orphan-Drug« in den USA, der EU und der Schweiz zugelassen.
Strukturformel von Bosentan
Kurzprofil zu Tracleer®
»Bosentan«, der Wirkstoff von Tracleer®, ist der erste orale Endothelin-Rezeptor-Antagonist, der die schädliche Wirkung von Endothelin als stärksten endogenen Vasokonstriktor mindert.
Tracleer® ist indiziert zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie. Die bisherige lebenslange Therapie mit infundiertem Prostacyclin ist risikoreich und schränkt die Lebensführung ein.
Für Tracleer® spricht die einfache orale Anwendbarkeit, die erzielbare Drucksenkung in der Lungenarterie, die Verbesserung der Herzleistung sowie die erhöhte körperliche Belastbarkeit.
Wegen des Risikos potenzieller Leberschädigung müssen die Leber-Aminotransferasen vor Therapiebeginn und danach monatlich überwacht werden. Erste klinische Anzeichen für eine Leberschädigung sind:
- Übelkeit
- Erbrechen
- Fieber
- Bauchschmerzen
- Müdigkeit.
Während der Medikation muss eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden.
»Bosentan« (Tracleer® – Filmtabletten)
Gegenwärtig sind Packungsgrössen zu 56 Stück in zwei Stärken im Handel.
Chemie und Wirkweise
»Bosentan« ist ein selektiver, kompetitiver Antagonist des Endothelins (ET) und bindet hochspezifisch an dessen Rezeptoren (ETA/ETB).
Als Folge der Rezeptorbesetzung sinkt der pulmonalarterielle Druck, der pulmonale Gefässwiderstand und der mittlere Druck in der rechten Herzkammer. Der Wirkungsmechanismus geht über den eines blossen Pulmonalarterien-Vasodilatators hinaus, weil »Bosentan« noch antiinflammatorische, antifibrotische und antihypertrophe Effekte ausübt.
Pharmakokinetik und Dosierung
Die orale Bioverfügbarkeit beträgt nach Mehrfachgabe 50 bis 65% und bleibt von eventueller gleichzeitiger Nahrungsaufnahme unbeeinflusst. Maximale Plasmakonzentrationen werden nach rund 3 bis 5 Std. erreicht. Bis zum »Steady state« vergehen zwischen drei und fünf Tage. »Bosentan« bindet im hohen Ausmass (>98%) an Plasmaproteine. Die Ausscheidung erfolgt mit einer terminalen Halbwertszeit von 5,4 Std.
Wenn die Morgendosis vergessen wurde, kann man laut Hersteller bis zu Mittag die Einnahme nachholen. Keinesfalls dürfen zwei Tabletten auf einmal genommen werden!
Bei PAH-Patienten in klinischen Studien verbesserte Tracleer® die körperliche Belastbarkeit (6-Minuten-Gehtest, s. Abb. u.), die Kurzatmigkeit und den allgemeinen klinischen Zustand.
Veränderung der Gehstrecke im 6-Minuten-Gehtest unter
der Therapie mit Bosentan im Vergleich mit Plazebo
Zu den häufigeren Nebenwirkungen zählen Kopfschmerzen und Flush. »Bosentan« hemmt dosisabhängig das Gallensalztransportsystem in der Leber. In klinischen Studien kam es deswegen bei etwa 11% der Patienten zu einer reversiblen Erhöhung der Leberenzyme. Zur sicheren Therapie sind vor und während der Behandlung monatliche Kontrollen der Leberwerte vorgesehen. Schwangerschaft gilt als Kontraindikation, daher ist während der Therapie eine Empfängnis auszuschliessen, wobei hormonelle Kontrazeptiva wegen möglichen Interaktionen mit »Bosentan« als alleinige Massnahme nicht ausreichen.
Interaktionen mit Cyclosporin A, Glibenclamid, Warfarin, Simvastatin und Digoxin erfordern gegebenenfalls eine Überprüfung der Dosis.