Stand der Lungentransplantation heute

Quintessenz

  • Die Lungentransplantation stellt eine etablierte Therapie für weit fortgeschrittene Lungenkrankheiten dar. Das Einjahresüberleben in der Schweiz ist besser als internationale Daten und beträgt heute über 85%, das 5-Jahres- Überleben 72%.
  • Wichtig ist die Wahl des richtigen Zeitpunkts der Transplantation, insbesondere eine rechtzeitige Zuweisung ans transplantierende Zentrum, um den Tod von Patienten auf der Warteliste zu verhindern.
  • Das Hauptproblem auf dem Weg zu einem besseren Langzeitüberleben ist die chronische Transplantatabstossung (= Bronchiolitis obliterans). Ein weiteres wichtiges Problem stellt zudem der zur Zeit ausgeprägte Mangel an Spenderorganen dar.
  • Bei der Lungentransplantation ist die Leichenspende heute nach wie vor die Regel. Aufgrund des zunehmenden Organmangels wurde die Lebendspende entwickelt und eingeführt. Sie ist jedoch auf sehr wenige erfahrene Zentren beschränkt.
  • Dank enger posttransplantärer Nachbetreuung am Zentrum können heute schon sehr gute Langzeitresultate erreicht werden.
  • Weitere Fortschritte in Bezug auf Früherkennung, Therapie sowie Verhinderung der Entstehung der chronischen Transplantatabstossung zeichnen sich am Horizont ab und werden das Langzeitüberleben noch wesentlich verbessern helfen.
Einleitung

Im Verlauf der letzten zwei Jahrzehnte hat sich die Lungentransplantation von einer experimentellen zu einer etablierten Therapie bei Patienten mit fortgeschrittenen Lungenerkrankungen entwickelt [1]. Dies gelang aufgrund zunehmender Erfahrung und verbesserter Techniken im Bereich der Operation selbst, der Anästhesie und nachfolgenden Intensivstationsüberwachung sowie neuen Erkenntnissen in der immunsuppressiven Behandlung, in der Infektionsprophylaxe und im Langzeit-Management [2]. Weltweit wurden bisher über 14000 Lungentransplantationen durchgeführt, davon 6% bei Patienten im Kindesalter [3]. Jährlich werden weltweit etwa 1200 Lungentransplantationen bei Erwachsenen und 85 Transplantationen bei Kindern durchgeführt. Die zwei Hauptprobleme für eine weitere Verbreitung der Lungentransplantation stellen zur Zeit der ausgeprägte Mangel an gespendeten Organen sowie die posttransplantär in 50% der Fälle auftretende chronische Transplantatabstossung (= Bronchiolitis obliterans) dar.

Die erste erfolgreiche Einzellungentransplantation (der Patient überlebte 7 Jahre) wurde 1983 in Toronto durchgeführt, gefolgt von der ersten Doppellungentransplantation 1985 (die Patientin überlebte 16 Jahre) – ebenfalls in Toronto. In der Schweiz wurde die erste Patientin 1992 in Zürich lungentransplantiert. Die Schweiz besitzt zwei Lungentransplantationszentren (Lausanne und Zürich). Bis 2017 wurden bisher über 500 Lungentransplantationen durchgeführt. Jährlich sind dies pro Zentrum etwa 16-25 Transplantationen.

Patientenselektion (Tab. 1 und 2)

Die Indikation zur Lungentransplantation erfolgt im fortgeschrittenen Stadium einer Lungenkrankheit, nachdem alle konservativen Therapiemöglichkeiten ausgeschöpft wurden [4]. In dieser Phase leiden die Patienten bereits bei der kleinsten Anstrengung an Dyspnoe (NYHA Klasse III). Die geschätzte Lebenserwartung beträgt dann weniger als 2 Jahre und die Lebensqualität ist deutlich eingeschränkt. Nicht geeignet für eine Lungentransplantation sind Patienten mit systemischen Begleiterkrankungen, Malignom oder Sepsis, generalisierter Arteriosklerose, Nieren- (Clearance 35 mmol/l, Faktor V <50%), Patienten mit ungünstigen psychosozialen Faktoren, einer Abhängigkeit von Nikotin, Alkohol oder Drogen sowie einem Alter über 60–62 Jahre.

Kriterien

Lungenfibrose

Patienten mit Lungenfibrose zeigen nach Diagnosestellung oft einen raschen Abfall der Lungenfunktionswerte sowie einen Einbruch im Allgemeinzustand und kommen nicht selten zu spät zur Vorstellung für eine Transplantation. Sie versterben häufig auf der Warteliste entweder an der rasch progredienten Grundkrankheit oder an den Folgen der (meist erfolglosen) immunsuppressiven Therapie. Patienten mit Lungenfibrose sollten deshalb nach Diagnosestellung rasch an einem in der Therapie dieser Erkrankung erfahrenen Zentrum vorgestellt werden.

Zystische Fibrose

Die zystische Fibrose als Systemkrankheit befällt verschiedene Organsysteme, u.a. die oberen und unteren Luftwege, Leber, Pankreas und Magen- Darmtrakt. Der limitierende Faktor ist meistens der Lungenbefall [5]. Oft sind die Patienten zum Zeitpunkt der notwendigen Lungentransplantation mit multiresistenten Keimen, u.a. mit Pseudomonas aeruginosa und – in letzter Zeit vermehrt – Burkholderia cepacia, besiedelt. Dank Fortschritten in der minutiösen peri- und postoperativen Betreuung gehört dieses Krankheitsbild in erfahrenen Zentren zu denjenigen mit den besten posttransplantären Resultaten, was einerseits mit dem durchwegs jugendlichen Alter der Patienten und andererseits mit ihrer grossen Krankheitserfahrenheit – wie zum Beispiel in betreffend Medikamenteneinnahme – zusammenhängt. Die Zuweisung ans transplantierende Zentrum sollte früh genug erfolgen, insbesondere bevor die Patienten im Rahmen des Fortschreitens der Grunderkrankung einen deutlichen und meist irreversiblen Gewichtsverlust erlitten haben.

Chronisch obstruktive Lungenkrankheit (COPD) und alpha-1-Antitrypsinmangel

Weltweit gehört die COPD zur häufigsten Indikation für eine Lungentransplantation. So ist diese Krankheit einerseits sehr häufig, andererseits haben die Patienten auf der Warteliste eine relativ günstige Prognose, die Transplantation zu erleben. Wichtig ist hier die Abgrenzung der Indikation zur Volumenreduktionschirurgie. Patienten über 65 Jahre, einem Erstsekundenvolumen über 25% in der Lungenfunktion, einem radiologisch heterogenen Emphysemtyp und schwerer Lungenüberblähung qualifizieren für die Lungenvolumenreduktionschirurgie, während jüngere Patienten mit sehr schwerer Lungenfunktionseinschränkung und homogenem Emphysemtyp eher für eine Lungentransplantation geeignet sind [6].

Grundsätzlich kommt bei COPD eine Einzel- oder eine bilaterale Transplantation in Frage. Während die Operation im Falle der Einzellungentransplantation kürzer ist, stellt die verbleibende Restlunge ein Risiko für spätere Komplikationen dar. Die funktionellen Resultate und das Langzeitüberleben sind nach bilateraler Transplantation besser, weshalb wir in Zürich die letztere Transplantationsart bevorzugen.

Pulmonale Hypertonie

Die primäre wie auch die sekundäre pulmonale Hypertonie (nach Lungenembolie) stellen gute Transplantationsindikationen dar [7]. Nach Transplantation erholt sich das rechte Herz innert Wochen vollständig. Mit dem Aufkommen der intravenösen und inhalierten Prostazyklintherapie sowie weiterer potenter Medikamente (Endothelinrezeptorenantagonisten) ist die Indikation zur Lungentransplantation bei dieser Erkrankung seltener geworden. Nur Patienten, welche nicht auf die medikamentöse Therapie ansprechen, sind heute noch Kandidaten für eine Transplantation. Dennoch ist es günstig, wenn Patienten mit pulmonaler Hypertonie bei der Diagnosestellung dem transplantierenden Zentrum vorgestellt werden, um den richtigen Zeitpunkt für die Aufnahme auf die Warteliste nicht zu verpassen.

Seltene Lungenkrankheiten

Die Transplantation kann heute bei einer ganzen Reihe weiterer seltener Lungenkrankheiten erfolgreich eingesetzt werden [8]. So zum Beispiel bei Lymphangioleiomyomatose, Histiocytosis X und Sarkoidose. Gemeinsam ist diesen Krankheiten, dass Organbefälle ausserhalb der Lunge nach Transplantation weiterhin Probleme verursachen können und dass es zu Rezidiven der Grundkrankheit im Transplantat kommen kann.

Spenderorgane (Lebendspende, Fremdspende)

Im Gegensatz zur Nieren- und teilweise auch Lebertransplantation ist bei der Lungentransplantation die Kadaverspende heute noch die Regel. Im Falle eines Grössenunterschieds der Thoraxverhältnisse zwischen Spender und Empfänger können heute auch Teile einer Lunge (sei es als appentransplantation oder als nicht anatomische Resektion wie sie im Rahmen der Lungenvolumenreduktionschirurgie entwickelt wurde) transplantiert werden. Der Spender sollte unter 65 Jahre alt sein, anamnestisch keine relevanten pulmonalen Erkrankungen und radiologisch unauffällige Lungen haben.

Als Mass der Oxigenierung der Spenderlunge wird bei einer Beatmung mit 100% O2 (FiO2 = 1) und einem positiven endexspiratorischen Druck von 5 cm H20 (PEEP = 5 cm H20) ein arterieller Sauerstoffdruck (PaO2) von mindestens 300 mm Hg verlangt.
Im Rahmen der Organknappheit sind weltweit – ähnlich wie bei andern Organen – Bestrebungen im Gang, diese Leitlinien zu erweitern («marginaler Donor»).

Aufgrund des zunehmenden Organmangels wurde auch bei der Lungentransplantation die Lebendspende entwickelt und eingeführt. Sie ist heute auf weltweit wenige erfahrene Zentren konzentriert. Die Operation umfasst typischerweise die Resektion je eines Unterlappens mit zugehörigen Gefässen und Bronchus von zwei verschiedenen Spendern und der Transplantation dieser Lappen in ein Kind oder einen kleinen Erwachsenen [9]. In erfahrenen Zentren [10] sind die kurz- und mittelfristigen Resultate mit denjenigen der Kadaverspende vergleichbar. Es gilt zu bedenken, dass diese Therapie gleichzeitig drei Patienten mit potentieller Morbidität und Mortalität mit einbezieht. Bis heute wurde noch kein Todesfall eines Spenders beschrieben; Komplikationen wie Pleuraergüsse, Luftleaks, und postoperative Pneumonien sind jedoch häufig. Im Gegensatz zur Leber handelt es sich bei der Lunge um ein nicht regenerierendes Organ und das operative Procedere ist riskanter als bei der Lebendnierenspende. Zusätzlich muss bedacht werden, dass der Druck auf die Eltern eines Kindes mit zystischer Fibrose, sich für die Spende zur Verfügung zu stellen, enorm sein kann [11].

Operation
Einzellungentransplantation

Über eine posterolaterale Thorakotomie wird die native Lunge mobilisiert, während die kontralaterale Lunge beatmet wird. Bei COPD kommt es nur selten zu Hypoxämie oder hämodynamischer Instabilität, was den Einsatz der Herzlungenmaschine erforderlich machen würde. Im Gegensatz dazu ist dies bei primärer pulmonaler Hypertonie oder bei Patienten mit Lungenfibrose und sekundärer pulmonaler Hypertonie öfter der Fall. Nach Pneumonektomie wird die Transplantatlunge mit den folgenden Strukturen des Empfängers anastomosiert: Hauptbronchus, Pulmonalarterie, Pulmonalvene resp. linker Vorhof.

Bilaterale Lungentransplantation

Bis vor kurzem wurde der Zugang über eine transversale Thorakosternotomie durchgeführt. Heute kann in vielen Fällen bei uns und in anderen erfahrenen Zentren die Quersternotomie (mit ihrer höheren posttransplantären Komplikationsrate) vermieden werden und der Zugang wird über eine bilaterale anterolaterale Thorakotomie gewählt. Falls nötig, kann auf die Herzlungenmaschine zurückgegriffen werden.

Herz-Lungentransplantation

Der Zugang erfolgt über eine transversale Thorakosternotomie oder über eine mediane Sternotomie. Technisch wird die Operation als einfacher eingestuft als die isolierte Lungentransplantation. Falls jedoch Voroperationen stattgefunden haben, kann sie deutlich schwieriger werden als die isolierte Lungentransplantation. Die Verbindung der Luftwege wird meist als Tracheaanastomose durchgeführt, die Aorta ascendens des Spenders mit derjenigen des Empfängers anastomosiert und der rechte Vorhof als Vorhofanastomose angeschlossen unter Einsatz der Herzlungenmaschine.

Im Gegensatz zur Frühzeit der Lungentransplantation wird die Herz-Lungentransplantation heute nur noch selten durchgeführt. Für die meisten Indikationen ist sie durch die bilaterale Lungentransplantation abgelöst worden und ist heute vorwiegend für Patienten mit kongenitalen Vitien und Entwicklung eines Eisenmenger-Syndroms reserviert.

Postoperatives Management

Das posttransplantäre Management fusst auf drei Pfeilern:

  • Die medikamentöse Therapie bestehend aus Immunsuppressiva und Medikamenten zur Prophylaxe von bakteriellen, viralen und Pilzinfektionen.
  • Regelmässige Bronchoskopien mit bronchoalveolärer Lavage und transbronchialen Lungenbiopsien zur Erfassung von Infektionen und Abstossungen im präklinischen Stadium.
  • Intensive Schulung des Patienten, welche es ihm ermöglicht, differenziert auf Veränderungen der Lungenfunktion oder andere Körpersignale zu achten und diese dem behandelnden Zentrum zu melden.
Aktuelle Protokolle zur Immunsuppression

Weltweit wird in über 50% der Patienten eine Induktionstherapie verwendet. Heute wird mehrheitlich ein Interleukin-2-Rezeptor-Antagonist gebraucht, eine kleinere Zahl von Patienten erhält ein Anti-T-Zell-Präparat, während OKT3 praktisch nicht mehr verwendet wird. Die Erhaltungstherapie nach Lungentransplantation besteht nahezu einheitlich aus einer Tripelimmunsuppression mit Calcineurininhibitoren (weltweit zu etwa gleichen Teilen mit Cyclosporin oder Tacrolimus), Azathioprin (weltweit etwa 50%) oder Mycophenolatmofetil sowie Prednison. Steroidfreie Protokolle werden nach Lungentransplantation bisher praktisch nicht eingesetzt. Dies hängt mit den im Vergleich zu andern Organen immer noch höheren Abstossungsraten sowie der hohen Inzidenz der chronischen Abstossung zusammen. Jedoch hat sich die kumulativ verordnete Prednisondosis im Lauf der letzten Jahre in vielen Zentren deutlich verringert.

Bei verschiedenen Organen hat die Einführung der Cyclosporin-Serumspiegelmessung zwei Stunden nach Medikamenteneinnahme («C2- Spiegelmessung») [12] zu einer Reduktion der Abstossungsepisoden sowie zu einer besseren Bewahrung der Nierenfunktion geführt. Daten dazu im Gebiet der Lungentransplantation sind noch spärlich. Nach eigenen Erfahrungen scheint sich die C2-Spiegelmessung zu bewähren.

Untersuchungen über regelmässige Blutspiegelmessungen bei Mycophenolatmofetil haben ebenfalls eine gute Korrelation zwischen Höhe des Medikamentenspiegels und Abstossungshäufigkeit ergeben [13]. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn Zweifel in bezug auf die Medikamentenabsorption (wie bei zystischer Fibrose häufig) oder Medikamentencompliance des Patienten, speziell der pädiatrischen Patienten, bestehen [14].

Zur Zeit gibt es noch keine grösseren Erfahrungen mit Sirolimus oder Everolimus. Es scheint, dass diese neuen Immunsuppressiva neben ihrer immunsuppressiven auch eine antiproliferative Wirkung auf Fibroblasten haben, und damit in Zukunft einen wichtigen Platz in der Behandlung und Prophylaxe der chronischen Abstossung einnehmen könnten.

Resultate

Gegenüber den Anfängen der Lungentransplantation haben sich die Einjahresüberlebensraten deutlich verbessert. So lagen die Werte in den Jahren 1988–92 bei 62% und stiegen in jüngster Zeit auf 80% [3]. Dies hat vor allem mit der besseren Selektion der Patienten, der grösseren Erfahrung im perioperativen Bereich sowie der verbesserten posttransplantären Infektprophylaxe zu tun. Im Gegensatz dazu blieb das Fünfjahresüberleben weltweit praktisch unverändert bei 45%, was vor allem auf das weiterhin hohe Auftreten der chronischen Transplantatabstossung zurückzuführen ist. Die Schweizer Resultate sind im Vergleich dazu günstig mit 1-, 5-, und 9-Jahres-Überleben von 77%, 63% und 56%. Patienten, die seit 1998 transplantiert wurden, erreichen sogar ein 5-Jahres-Überleben von 72% (Abb. 1).

5-jahres
Abbildung 1.
Kumulatives Überleben nach Lungentransplantation. Vergleich der Schweizer Zahlen mit dem Internationalen Register.

Während die Verbesserung des Überlebens gut dokumentiert ist, fehlen grössere Daten zur wiedererlangten Lebensqualität. Es ist jedoch keine Frage, dass die Lungentransplantation gerade in dieser Hinsicht ausgezeichnete Resultate erreicht. Eine Wiedereingliederung in Beruf oder Schule, eine aktive Rolle in der Familie und im Freundeskreis ist in den meisten Fällen möglich und wird von allen Beteiligten gleichermassen hoch geschätzt. Voraussetzung dafür ist eine zuverlässige posttransplantäre Langzeit- Nachsorge, die die spezifischen Probleme des Lungentransplantierten kennt und berücksichtigt [15].

Komplikationen

Aufgrund des ständigen direkten Kontaktes zur Aussenwelt sind in der transplantierten Lunge sowohl Abstossungsreaktionen als auch Infektionen häufig. Mit der Verbesserung des Langzeitüberlebens spielen auch die Nebenwirkungen der immunsuppressiven Langzeittherapie eine grössere Rolle.

Ischämie-Reperfusionschaden

Es handelt sich um eine Schädigung am vaskulären Endothel, die durch freigesetzte Leukozyten mediiert wird [16]. Lange Ischämiezeiten fördern die als nicht kardiogenes Lungenödem auftretende Komplikation, die in ca. 15% aller Transplantationen innerhalb der ersten 12 Stunden auftritt. Die Therapie ist supportiv und beschränkt sich auf eine Minimalisierung des Barotraumas, eine minutiöse Wasserbalancierung, inotropen Support und manchmal die Gabe von Stickoxid. Heutige Präservationslösungen (insbesondere die heute verwendete Lösung mit tiefem Kaliumgehalt) haben das Auftreten des Reperfusionsschadens reduzieren können.

Infektionen

Neben bakteriellen Infekten (Pneumonie, katheterassoziierte Infekte) die vor allem früh postoperativ auftreten, stellen Zytomegalieinfektionen sowie invasive Pilzinfektionen ein Problem dar. Im Gegensatz zu anderen soliden Organtransplantationen, bei denen nur so genannte Hochrisikopatienten, also CMV-seronegative Empfänger von seropositiven Transplantaten ein grosses Risiko für eine symptomatisches CMV-Erkrankung haben, sind nach Lungentransplantation auch CMV-positive Transplantatempfänger gefährdet. Dank der heutigen Langzeitprophylaxe mit Gancyclovir oder Valgancyclovir ist diese schwerwiegende Komplikation drastisch reduziert worden. Invasive Pilzinfektionen traten früher häufig im Anschluss an CMV-Infektionen auf. Sie konnten dank konsequenter Prophylaxe sowie der Reduktion der Häufigkeit der CMV-Erkrankungen ebenfalls deutlich reduziert werden.

Akute Abstossung

Eine frühzeitige Diagnose der akuten Abstossung ist unerlässlich und wesentlich am Langzeiterfolg beteiligt. Deshalb werden an vielen Zentren, so auch in Zürich, posttransplantär Surveillance-Bronchoskopien mit bronchoalveolärer Lavage und transbronchialen Lungenbiopsien durchgeführt [17, 18]. Die histologische Diagnose der Abstossung wird nach den Kriterien der «International Society of Heart and Lung Transplantation» eingeteilt und basiert im wesentlichen auf dem Nachweis von perivaskulären und/oder peribronchiolären Lymphozytenmanschetten [19]. Klinisch kann die akute Abstossung durch einen Abfall des forcierten exspiratorischen Erstsekundenvolumens («FEV1») vermutet werden. Deshalb führen an den meisten Zentren die Patienten tägliche Heimspirometrien mittels Mikrospirometer durch [20].

Weltweit werden zur Zeit nicht invasiv gemessene Marker der Abstossung untersucht. So scheint das exhalierte Stickoxid ein sensitiver Marker für eine Atemwegsentzündung zu sein und damit bei akuter bronchiolärer Abstossung erhöht [21].

Die Therapie besteht in intravenösen hochdosierten Steroiden, gefolgt von kurzfristiger Erhöhung der Basis-Immunsuppression.

Chronische Abstossung

Die Haupthürde für ein besseres Langzeitüberleben stellt heute die chronische Abstossung oder Bronchiolitis obliterans (BO) dar. Die Diagnose BO wird histologisch gestellt (Abb. 2).

BO
Abbildung 2. Chronische Transplantatabstossung einer Lunge (in Form einer Bronchiolitis obliterans): Querschnitt durch einen durch Bindegewebe verschlossenen Bronchiolus mit vollständigem Verlust des Epithels und unterbrochener Basalmembran. Das begleitende Gefäss zeigt ebenfalls Zeichen der Abstossung mit lymphozytärer Wandinfiltration und Intimaverdickung (Elastica van Gieson, 150) (das histologische Präparat wird Dr. A. Gaspert und Dr. P. Vogt, Institut für Pathologie, Universitätsspital Zürich, verdankt).

Sie ist charakterisiert durch Fibrose und Narbenbildung der kleinen Atemwege mit Obliteration [22]. Mittels transbronchialer Lungenbiopsien ist nur in ca. 15–40% genügend Bronchialgewebe zu gewinnen. Deshalb wurde als Ersatzparameter das FEV1 eingeführt, um die Transplantatdysfunktion zu charakterisieren [23]. Der Begriff Bronchiolitis-obliterans-Syndrom (BOS) beschreibt Patienten, die einen Abfall des FEV1 um mehr als 20% – verglichen mit den zwei höchsten postoperativen Werten im Abstand von mindestens 3 Wochen gemessen – aufweisen. Als «mögliches BOS» werden Patienten mit einem Abfall von mindestens 10% bezeichnet [24]. Bei Patienten, die länger als drei Monate nach Transplantation überleben, ist die Prävalenz 50%. Die Zeit bis zum Auftreten schwankt zwischen wenigen Monaten und vielen Jahren. Man nimmt heute an, dass sowohl alloimmun als auch nicht alloimmun bedingte Schädigungen des Bronchialepithels den initialen Schlüsselmechanismus darstellen. Es setzt dann eine ineffektive Epithelregeneration mit starker Entzündung ein, gefolgt von aberrierenden Heilungsmechanismen und zuletzt bronchiolärer Narbenbildung.

Der wichtigste Risikofaktor für BOS ist die akute Abstossung [25]. Auch virale Infekte (CMV und respiratorische Viren wie RS-, Adeno- und Parainfluenzaviren) können bedeutende Triggermechanismen darstellen [26]. Ein weiterer wichtiger und häufig unterschätzter Faktor ist die Medikamenten-Noncompliance des Patienten, vor allem in der pädiatrischen Transplantationsmedizin.

Die Therapie des BOS ist unbefriedigend. Oft wird eine Erhöhung der immunsuppressiven Behandlung über eine beschränkte Zeit durchgeführt. Dies geschieht mit der Absicht, die noch aktiven Komponenten der bronchiolären Entzündung zu treffen. Die Retransplantation stellt heute immer noch die letzte Therapiemöglichkeit dar. Bei gut ausgewählten Patienten (ambulante Patienten, keine Beatmung) sind Einjahresüberlebensraten um 60% erzielt worden [27].

Medikamentöse Nebenwirkungen

Neben Problemen der medikamentös induzierten Immunsuppression selbst treten u.a. arterielle Hypertonie (bei etwa 36% nach 1 Jahr und bei 70% nach 5 Jahren), Niereninsuffizienz (bei 8% nach 1 Jahr, davon mit Nierentransplantation in 0,3% und bei 28% nach 5 Jahren, davon mit Nierentransplantation in 2,2%), Diabetes mellitus (bei 20% nach 1 Jahr und bei 30% nach 5 Jahren) und Osteoporose auf [3]. Die Inzidenz an Malignomen beträgt etwa 15%, die überwiegende Mehrheit davon besteht aus Hauttumoren (v.a. Basaliom oder seltener Spinaliom) selten aus posttransplantären Lymphomen.

Literatur
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Korrespondenz:

Prof. Dr. med. Annette Boehler

Annette Boehler *
*
Annette Boehler ist Trägerin einer Förderungsprofessur des Schweizerischen Nationalfonds

[@uelle CURRICULUM Schweiz Med Forum 2004;4:436 442]