Pulmonal arterielle Hypertonie
Gerade in den letzten Jahren ist sowohl das Wissen als auch das Bewusstsein um die pulmonal arterielle Hypertonie enorm gestiegen. Auf den Grazer Fortbildungstagen hat Privatdozent Dr. Horst Olschewski von der Ambulanz für Pulmonale Hypertonie der Justus-Liebig-Universität in Giessen über die neuen Therapien dieser chronischen und oft tödlich verlaufenden Krankheit berichtet.
Prinzipiell kann die pulmonale Hypertonie in eine primäre und eine sekundäre Form eingeteilt werden, wobei entsprechend der neuen diagnostischen Klassifikation nach der WHO-Konferenz von Evian, 1998, eine weitere Gruppe definiert wurde, die eine Zwischenstellung einnimmt. Es handelt sich um die pulmonal arterielle Hypertonie, zu der neben der primären pulmonalen Hypertonie auch andere unerklärte Formen der pulmonalen Hypertonie zählen, die beispielsweise assoziiert sind mit Appetitzüglern, Kollagenosen und portaler Hypertonie. Die Prävalenz der primären pulmonalen Hypertonie ist mit 12 Fällen pro Million sehr selten. Sie ist zum Teil durch eine Mutation des BMPR-II-Gens bedingt. Weitere mögliche Gendefekte müssen vermutet werden. Das Verständnis der Pathophysiologie ist noch sehr lückenhaft. Im Gegensatz dazu ist die häufigere sekundäre pulmonale Hypertonie die Folge von Störungen des Respirationssystems, von Hypoxämie, chronischen thrombotischen bzw. embolischen Krankheitsbildern und Störungen, die direkt die Lungengefässe betreffen (Abb.) und Herzerkrankungen mit venöser Stauung. Diese primären Pathomechanismen führen zu gleichartigen Veränderungen der präkapillären Lungenarterien, die charakterisiert sind durch Remodelling, Vasokonstriktion und Thromboseneigung.
Therapie der pulmonal arteriellen Hypertonie
Für die Therapie der pulmonalen arteriellen Hypertonie ist allgemein die körperliche Schonung und die Beseitigung der Hypoxie erforderlich. Zudem muss die Behandlung der Grundkrankheit optimiert werden und eine rigorose Infekttherapie durchgeführt werden.
Die medikamentöse Therapie der pulmonalen arteriellen Hypertonie umfasst neben Prostanoiden und Kalziumantagonisten die sehr wichtige Gabe von Diuretika und Antikoagulanzien. In den USA kommt zudem häufig Digitalis zur Anwendung. Ansonsten ist bei der Therapie zu beachten, dass Betablocker auf jeden Fall zu vermeiden sind. Interventionell stehen noch bei einer fortschreitenden Verschlechterung oder einer Stagnation auf NYHA-Klasse IV die ballonatriale Septostomie sowie chirurgisch eine Lungentransplantation zur Verfügung.
Prostazyklin und Prostazyklinanaloga
Die klassische Therapie mit Prostazyklin
Die intravenöse Dauertherapie mit Prostazyklin stellt zweifellos die klassische Therapie der pulmonalen Hypertonie dar. Die Nachteile dieser Methode sind die fehlende pulmonale Selektivität, die zu systemischen Nebenwirkungen und Tachyphylaxie beiträgt, und gravierende Komplikationsmöglichkeiten durch die Dauerinfusion.
Beraprost
Als Alternativen zum Prostazyklin wird in Japan das stabile Prostazyklinanalogon Beraprost bei leichter primärer pulmonaler Hypertonie (NYHA-Klasse III, ev. III) angewendet. Dieser Wirkstoff ist seit 1995 in Japan zugelassen und wird in Europa und den USA in klinischen Studien geprüft. Die Nebenwirkungen sind Schwindel und Übelkeit, während Toxizitäten kaum auftreten. Die europäische Studie konnte einen Therapieeffekt bei PPH-Patienten nachweisen. Allerdings mussten dafür täglich mindestens 20 Tabletten eingenommen werden.
Inhalatives Iloprost
Inhalatives lloprost, ein in Deutschland entwickeltes Prostazyklinanalogon, ist bereits heute in Deutschland die meist gebrauchte Alternative zum intravenösen Prostazyklin. In einer doppelblinden placebokontrollierten Multicenter-Studie wurden 203 Patienten mit schwerer primärer oder bestimmten Formen sekundärer pulmonaler Hypertonie der NYHA-Klassen IIIIV eingeschlossen. Dies waren überwiegend chronisch thromboembolische und Kollagenose-assoziierte Erkrankungen. 12 Wochen lang inhalierten die Patienten täglich 69-mal Iloprost. Als klinischer Endpunkt wurde die Verbesserung der NYHA-Klasse mit einer 10%igen Verbesserung im 6-min-walk und dem Ausbleiben einer vorherigen Verschlechterung oder Tod kombiniert. Die Auswertung des kombinierten Endpunktes fiel mit 17% versus 5% zugunsten von Iloprost aus. Als Nebenwirkungen traten vor allem Husten, Flush und Kopfschmerzen auf.
Remodulin
Remodulin ist ein weiteres stabiles Prostazyklinanalogon zur subkutanten Dauerinfusion. Es konnte in einer grossen internationalen Studie ein gewisser positiver Effekt auf die Gehstrecke nachgewiesen werden, wenn auch kein Effekt auf die Überlebensrate. Es wird eine Zulassung in den USA erwartet.
Endothelinantagonist Bosentan
Endothelin wird bei pulmonaler Hypertonie vermehrt gebildet und fördert die Vasokonstriktion und das Remodelling der Pulmonalgefässe durch Bindung an spezifische Rezeptoren (ETA- und ETB-Rezeptoren). Der Endothelinantagonist Bosentan blockiert die ETA- und ETB-Rezeptoren und führt akut zu einer pulmonalen und systemischen Widerstandssenkung. Bei PPH und Kollagenose-assoziierter PH konnte in einer randomisierten Doppelblindstudie über drei Monate im Vergleich zu Placebo eine eindeutige Verbesserung der Belastbarkeit (6-min-walk) erzielt werden. Während hier wenig subjektive Nebenwirkungen auftreten, kann es in über 10% der Fälle zu Lebertoxizitäten kommen. Trotz der sehr geringen Entwicklungszeit von einem Jahr wurde Bosentan bereits in den USA zugelassen (wenn auch unter strengen Auflagen) und steht in der Schweiz kurz vor der Zulassung.
Insgesamt, so Olschewski, werden wir zukünftig sehr viel mehr Therapieoptionen für die pulmonale Hypertonie haben als bisher. Das wird sicherlich zu einer Verbesserung der Lebensqualität und der Lebenserwartung der Patienten führen, aber auch erhebliche Probleme aufwerfen. Zur Erleichterung der Therapieentscheidungen wird aktuell an einem neuen Therapiealgorithmus gearbeitet.
Copyright:
Bericht: Mag. Simone Mühlegger
Quelle: Grazer Fortbildungstage,
8.13. Oktober 2001
erschienen in
Jatros Pulmologie, Ausgabe 1/02