Um Patienten mit Lungenhochdruck zur bestmöglichen Lebensqualität zu verhelfen, wird der PAH-Spezialist in vielen Fällen mehrere Medikamente gleichzeitig verschreiben. Dabei wird er diejenigen auswählen, die dem Patienten am besten dabei helfen, seinen Alltag zu meistern. Eine Umstellung oder Anpassung der Behandlung bedeutet nicht unbedingt, dass etwas nicht stimmt, sondern sie könnte einfach nötig sein, um die Behandlung zu optimieren.
PH spezifische Therapie
Kalzium-Antagonisten
Medikamente: Norvasc® (Amlodipin), Adalat® (Nifedipin), Dilzem® (Diltazem)
Kalziumantagonisten werden seit vielen Jahren als Medikament zu Senkung des Blutdrucks eingesetzt. Für die Verengung der Gefässe wird Kalzium benötigt. Kalziumantagonisten sind Medikamente, die den Einstrom von Kalzium in die Zellen hemmen. Dadurch wirken sie direkt gefässerweiternd, senken den Blutdruck und entlasten gleichzeitig das Herz. Auch der erhöhte Gefässwiderstand in den Lungenarterien kann durch den Kalziumantagonist gesenkt werden. Allerdings wirken diese Medikamente nur bei ca. 5% der Patienten mit PH. Zudem müssen die Kalziumantagonisten bei der PH in sehr hoher Dosierung verordnet werden, so dass häufig Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall oder auch Ödeme in den Beinen auftreten. Wenn das Medikament am Abend eingenommen wird treten die Ödeme eher in der Nacht auf und stören weniger. Diuretika helfen bei diesen Ödemen nicht.
Das Ansprechen auf dieses Medikament wird während der Rechtsherzkatheter-Untersuchung getestet.
Norvasc® kann alleine oder in Kombination mit anderen blutdrucksenkenden Medikamenten zur Behandlung von einem zu hohen Blutdruck eingesetzt werden. Nach einer Tabletteneinnahme wird der Blutdruck langsam gesenkt, so dass es nicht zu einem plötzlichen zu starken Blutdruckabfall kommen kann. Eine Tablette täglich genügt, um den Blutdruck während 24 Stunden zu senken.
Adalat® enthält als Wirkstoff Nifedipin, das zur Gruppe der sogenannten Calciumantagonisten gehört. Nifedipin verringert den Sauerstoffbedarf des Herzens und schützt das Herz vor Überbelastung.
Diltiazem, der Wirkstoff von Dilzem®, gehört zu den sogenannten Calcium-Antagonisten. Bei einer Verengung der Herzkranzgefässe wird das Herz nicht genügend durchblutet. Es wird daher bei Belastung nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt.
Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA’s)
Medikamente: Opsumit® (Macitentan), Tracleer® (Bosentan), Volibris® (Ambrisentan)
Der körpereigene Botenstoff Endothelin hat eine Schlüsselstellung in der Entstehung und im Verlauf der PAH. Endothelin ist der stärkste und am längsten wirksame natürlich vorkommende Vasokonstriktor (Gefässverengend). Das heisst, er fördert die Verengung und die Verdickung der Blutgefässe in der Lunge. PAH Patienten haben eine krankhaft erhöhte Menge von Endothelin und deshalb ist es einer der Hauptverursacher der PAH.
Die schädlichen Wirkungen des Endothelins werden über Bindungsstellen, auch Rezeptoren genannt, an die Zellen vermittelt. Deshalb wurden die so genannten Endothelin-Rezeptor-Antagonisten entwickelt. Sie blockieren die Bindungsstellen, so dass die Wirkung des Endothelins nicht ausgeführt werden kann.
Tracleer® wird 2x/Tag eingenommen. Die Startdosis ist 2x 62.5 mg und wird nach einem Monat auf 2x 125mg gesteigert. Tracleer® wird durch die Leber abgebaut und hat deshalb einige Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten wie mit Marcoumar und mit Sildenafil. Durch Tracleer® wird deren Wirkung reduziert. Die Leberwerte müssen jeden Monat kontrolliert werden, das kann beim Hausarzt gemacht werden.
Unter Tracleer® dürfen Frauen nicht schwanger werden.
Opsumit® ist das Nachfolger Medikament des Tracleers. Es wird 1x/Tag eingenommen. Es sollte immer in etwa zur gleichen Zeit eingenommen werden. Es wird sehr gut vertragen und hat fast keine Nebenwirkung, es gibt damit keine Wechselwirkung mit anderen Medikamenten wie beim Tracleer. Zu Beginn kann es zu Ödemen in den Beinen kommen, da es auch dort die Gefässe erweitert. Doch das lässt nach ein paar Tagen nach.
Unter Opsumit dürfen Frauen nicht schwanger werden.
Ambrisentan ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Endothelin-Rezeptor-Antagonisten zur Behandlung der pulmonalen arteriellen Hypertonie. Die Effekte beruhen auf dem selektiven Antagonismus am ETA-Rezeptor. Im Unterschied zu Bosentan (Tracleer®) bindet Ambrisentan nicht an den ETB-Rezeptor. Die Filmtabletten werden einmal täglich und unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Zu den häufigsten möglichen unerwünschten Wirkungen gehören Kopfschmerzen, periphere Ödeme und eine Flüssigkeitsretention. Ambrisentan hat möglicherweise ein Potential für hepatoxische Nebenwirkungen. Deshalb sollen die Leberwerte während der Behandlung regelmässig überprüft werden. Das Arzneimittel ist fruchtschädigend und darf nicht während der Schwangerschaft verabreicht werden.
Lösliche Guanylatcyclase Stimulatoren (sGC-Stimulatoren)
Medikament: Adempas® (Riociguat)
Patienten mit PAH mangelt es an Stickstoffmonoxid (NO), wodurch sich die Lungenarterien zusammenziehen und der Blutdruck in den Lungen steigt. Darüber hinaus kann ein NO-Mangel zu einem übermässigen Wachstum der Zellen in den Gefässwänden führen, welche als Folge dicker und weniger dehnbar werden.
Adempas® ist der erste Vertreter der neuen Wirkstoffklasse sGC-Stimulatoren. sGC ist eine wichtige Substanz, die zusammen mit NO für eine Erweiterung der Blutgefässe sorgt. Indem Adempas® mit sGC reagiert, hilft es dabei, die Blutgefässe zu erweitern. So erreicht mehr Blut die Lunge und der Körper wird wieder mit mehr Sauerstoff versorgt. Adempas® kann mit sGC reagieren, auch wenn nicht genügend NO vorhanden ist.
Adempas® muss 3x/Tag eingenommen werden. Am besten alle 6-8 Stunden 8 Uhr/14 Uhr/20 Uhr.
Die Startdosis ist 3x1mg und wird schrittweise aufdosiert bis max. 3×2,5mg und ist von Patient zu Patient unterschiedlich.
Adempas® kann den systemischen Blutdruck (BD der am Arm gemessen wird) senken und es können Schwindel bei der Auftitrierung der Dosis auftreten. Der BD ist 1,5h nach der Tabletten Einnahme am tiefsten, danach steigt er wieder.
Bei Patienten, die noch keinen Magenschutz wie Nexium, Pantozol etc. haben, kann es zu Magenbrennen kommen. Dann wird von den PH Ärzten ein Magenschutzmedikament verschrieben und die Symptome sollten danach verschwinden.
Unter Adempas® Therapie dürfen Frauen nicht schwanger werden.
Phosphodiesterase-5 Inhibitoren (PDE-5 Hemmer)
Medikamente: Viagra®/ Revatio® (Sildenafil), Adcirca®/ Cialis® (Tadalafil)
Sind Medikamente, die das Enzym PDE-5 hemmen. Dieses Enzym ist verantwortlich für den Abbau des gefässerweiterternden Botenstoffs cGMP.
Der Effekt: der gefässerweiternde Botenstoff cGMP wird nicht abgebaut, die Gefässe bleiben länger entspannt und weit gestellt.
- Viagra® / Revatio® (Tabletten)
Wird 3x/Tag eingenommen, alle 6-8h am besten 8/14/20 Uhr. Können zu Beginn Kopfschmerzen verursachen, sonst aber gut verträglich.
Grosse Bekanntheit erlangte er als Wirkstoff des 1998 von dem US-amerikanischen Unternehmen Pfizer unter dem Namen Viagra auf den Markt gebracht hat.
- Cialis® / Adcirca® (Tabletten)
Wird 2x/Tag im Abstand von 12h eingenommen (auch 1x 2 Tbl. möglich). Gestartet wird mit 1x/Tag, nach ca. 2 Wochen wird auf 2x/Tag gesteigert.
Zu Beginn treten oft Kopfschmerzen, Glieder- und Muskelschmerzen auf. Diese sollte aber nach einer Woche wieder nachlassen. Gängige Schmerzmittel wie Paracetamol helfen sehr gut bei diesen Nebenwirkungen. Danach gute Verträglichkeit.
Prostacyclin-IP-Rezeptoragonist
Medikamente: Prostanoide: Uptravi® (Selexipag)
Selexipag gehört nicht zur Stoffklasse der Prostacycline, bindet jedoch hochselektiv an den Prostacyclin-IP-Rezeptor und löst vasodilatatorische, antiinflammatorische und antifibrotische Effekte aus. Es ist als IP-Rezeptoragonist strukturell neu und dürfte andere, gegensätzlich wirkende Prostanoid-Rezeptoren nicht aktivieren. Somit erscheint es als idealer Kombinationspartner. Erster oraler Prostacyclin-IP-Rezeptoragonist.
Wird als Tablette 2x/Tag mit Essen eingenommen. Die Dosis wird anhand der Nebenwirkungen aufdosiert und ist patientenabhängig. Die Startdosis ist 2x200mcg/Tag die maximale Dosis ist 2x1600mcg/Tag.
Nebenwirkungen sind Übelkeit, Durchfall, Kieferschmerzen, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, Gesichtsrötung.
Bis die richtige Dosis des Patienten gefunden wird, kann es für die Patienten eine anstrengende Zeit sein, da Nebenwirkungen auftreten. Diese gehen aber meistens mit der Zeit weg.
Prostazyklin-Analoge
Medikamente: Prostanoide: Ventavis®/ Ilomedin® (Iloprost), Remodulin® (Trepostinil), Flolan®/ Veletri® (Epoprostenol), Treprostinil Orpha® (Remodulin)
Prostazyklin ist eine gefässerweiternde Substanz, die natürlich im Körper vorkommt.
Prostanoide sind künstlich hergestellt und sind genau wie das körpereigene Prostazyklin gefässerweiternd.
Diese Medikamente erweitern die Gefässe und verbessern so die Sauerstoffversorgung des Körpers. Sie können als Dauerinfusion über die Vene (intravenös), als Dauerinfusion unter die Haut (subkutan) oder als Lösung zum Inhalieren verabreicht werden. Seit 2016 gibt es auch eine Therapie in Tablettenform.
Wird als Inhalation verabreicht. Pro Tag muss 5-7 Mal inhaliert werden, da die Wirkung nicht lange anhält. Es ist sehr wichtig, dass die Patienten konsequent 5-7/Tag inhalieren. Die Verträglichkeit ist gut, da sich die Wirkung auf die Lunge beschränkt, das Einzige an Nebenwirkungen sind roter Kopf gleich nach dem Inhalieren und etwas Kopfschmerzen, die jedoch nach spätestens 30 min verschwinden.
Invasive Therapie nur als Dauerinfusion mit Pumpe subkutan oder intravenös möglich. Subkutan wird die Therapie unter die Haut, meistens im Bauch verabreicht. Die Patienten richten die Infusion selber und sind sonst auch selbständig in der Verabreichung des Medikaments.
Intravenös wird das Medikament über eine implantierte Pumpe im Bauch verabreicht. Dafür kommen die Patienten immer 1x/Monat in die Sprechstunde um die Pumpe zu befüllen.
Die Remodulin® / Treprostinil Orpha® Therapie ist sehr potent.
Nebenwirkungen zu Beginn der Therapie und beim Steigern: Übelkeit, Durchfall, Kieferschmerzen, Kopfschmerzen.
- Flolan® / Veletri® (Intravenös)
Ein Prostaglandin (Epoprostenol), das ein starker Vasodilatator ist und die Thrombozytenaggregation hemmt. Es wird enzymatisch aus Prostaglandin-Endoperoxiden in menschlichem Gefässgewebe biosynthetisiert. Das Natriumsalz wurde auch zur Behandlung von primärer pulmonaler Hypertonie verwendet.
Wird auch intravenös als Dauerinfusion verabreicht. Hier aber über eine externe Pumpe.
War die erste Therapie in der Schweiz, bevor es überhaupt Tabletten für den Lungenhochdruck gab.
Somit ist dies eine eher aufwändige Therapie für Patienten. Patienten richten die Infusion selber und es ist sehr wichtig, sauber und steril zu arbeiten, wegen der Gefahr von Infektionen des Katheters.
Nebenwirkungen zu Beginn: Kopfschmerzen, Übelkeit, Durchfall.
Proteinkinasehemmer
Medikamente: Glivec® (Imatinib)
Proteinkinasehemmer sind Arzneistoffe, die eine oder mehrere Proteinkinasen hemmen. Darunter versteht man Enzyme, die einem Protein eine Phosphatgruppe hinzufügen und dadurch seine Funktion beeinflussen. Durch die Hemmung der kinaseabhängigen Phosphorylierung können eine Vielzahl von Zellprozessen beeinflusst werden. Die Aktivität der Proteinkinasen spielt vor allem bei malignen Tumoren, aber auch bei chronischen Entzündungsprozessen, eine Schlüsselrolle. Mutierte oder überexprimierte Proteinkinasen sind entscheidend für das enthemmte Tumorwachstum, da sie bestimmte Signalwege daueraktivieren und so die Zellprozesse einer physiologischen Kontrolle entziehen.
Bei allen Medikamenten ist die pflichtbewusste Einnahme immer zu etwa der gleichen Tageszeit wichtig. Schauen Sie auch, dass Sie immer genügend Medikamente zu Hause haben und bestellen Sie rechtzeitig wieder neue. Es sollten keine Tabletten ausgelassen werden. Falls Sie das Gefühl haben, die Medikamente nützen nicht oder Sie vertragen sie nicht, dann nehmen Sie Kontakt zu Ihrem PH-Zentrum auf und besprechen mit Ihrem Arzt das Problem. Stoppen Sie nie in eigener Regie die Therapie.
Die PH Therapie ist eine lebenslängliche Therapie, wenn Sie sie vertragen und davon profitieren.
Kombinationstherapien:
Bei fehlendem Ansprechen oder klinischer Verschlechterung unter Monotherapie werden zunehmend Kombinationstherapien propagiert, wobei man sich die unterschiedlichen pathobiologischen Mechanismen der zur Verfügung stehenden Therapien zunutze macht. Allerdings muss auf Medikamenten-Interaktionen (Drug-drug interactins) geachtet werden. So wurden beispielsweise Interaktionen zwischen Sildenafil und Bosentan berichtet (Erhöhung der Bosentan- und Erniedrigung der Sildenafil-Plasmaspiegel), wobei die klinische Relevanz dieser Beobachtungen noch nicht klar ist. Die ERA Bosentan und Sitaxentan sowie der PDE-5-Hemmer Sildenafil wirken besonders auf verschiedene CYP Enzyme, während dies bei Prostanoiden und dem ERA Ambrisentan nicht der Fall ist. Derzeit laufende Kombinationsstudien sollen mehr Klarheit zu Nutzen und Risiken verschiedener Kombinationen PAH-spezifischer Therapien bringen.