Entwicklung und makroskopischer Aufbau der Lunge

In der Antike wurde die Lunge nicht mit der Atmung in Zusammenhang gebracht.

Hippokrates glaubte vielmehr, ihre Funktion bestünde vor allem in einer Kühlung des Blutes, das, im Herzen mit Hitze beladen, anschliessend die Lungen durchströme. Damit war die räumliche Nähe von Herz und Lunge scheinbar einleuchtend begründet. Erst Marcello Malpighi (1628 bis 1694; Professor für theoretische und praktische Medizin in Pisa, Bologna und Messina) konnte durch mikroskopische Untersuchung ergründen, dass die Lunge nicht aus einem soliden Gewebeblock besteht, sondern ein schaumartiges lockeres Gebilde aus dünnen Blutkapillaren und luftgefüllten Hohlräumen, den Alveolen, darstellt. Mit der Entdeckung des Lungenkreislaufs, beschrieben in seinem Werk De pulmonibus, trägt er den letzten fehlenden Baustein zu Harveys Kreislauftheorie bei und erreicht unumstrittene Berühmtheit.

Die Lunge ist für die Landbewohner essenziell zur Oxigenierung des Blutes und zur Ausschleusung des Kohlendioxids. Zudem ist sie Resorptionsort für ganze Arzneistoffgruppen wie die gasförmigen Inhalationsnarkotika und leider auch Ort toxischer Wirkungen; man denke nur an die Inhaltsstoffe des Tabakrauchs, an Reizgase und chemische Kampfstoffe.

Embryonale Entwicklung

Die embryonale Entwicklung der Lunge zeigt gewisse Übereinstimmungen zur embryonalen Entwicklung der Leber. In beiden Fällen tritt aus der ventralen Darmwand eine epitheliale, entodermale (zum inneren Keimblatt, dem Entoderm gehörig) Aussprossung hervor, die in das umliegende Mesenchym hineinwächst. Während jedoch die Leberknospe im distalen Vorderdarm entsteht, nimmt die Lungenknospe beim etwa drei Wochen alten Embryo ihren Ausgang im Bereich des Kiemendarms kaudal eines medialen Gewebswulstes der Zungenanlage, des Hypobranchialkörpers.

Zuerst steht diese epitheliale Aussackung noch in ganzer Länge mit dem Vorderdarm in Verbindung, wird dann aber rasch durch innen vorspringende Gewebsleisten, die Cristae oesophagotracheales, eingeengt und dann durch das Septum oesophagotracheale abgetrennt. Damit wird der ventrale Anteil mit der Anlage des Respirationstraktes vollständig vom dorsalen Anteil, der Anlage des Ösophagus, separiert. Eine Verbindung zwischen diesen beiden Strukturen bleibt nur im Bereich des späteren Kehlkopfes (Larynx) bestehen.

Beim Wachstum der Lunge schiebt das einsprossende Epithel das umgebende Mesenchym vor sich her und wächst so in die umgebende embryonale Leibeshöhle, das Zölom, vor. In diesem Entwicklungsstadium sind Bauch- und Brustraum noch nicht voneinander getrennt. Das Septum transversum als dicke Mesodermplatte trennt beide Räume nur unvollständig ab, so dass zwischen ihnen die Perikardioperitonealkanäle beidseits des Vorderdarmes die Verbindung aufrechterhalten. Sie werden zur Leibeshöhle hin durch die Pleuroperikardialfalten und nach kaudal durch die Pleuroperitonealfalten begrenzt. In diese Kanalräume wölbt sich nun zunehmend das anwachsende Lungengewebe hinein und füllt sie bei gleichzeitiger massiver Grössenzunahme immer weiter aus. Gleichzeitig werden die Pleuroperikardialfalten zu dünnen Pleuroperikardialmembranen ausgezogen, verwachsen in der Mittelachse miteinander und mit der Lungenwurzel. Die dadurch vollzogene Kammerung umschliesst das Herz und ergibt so als späteres Pericardium fibrosum die Trennung zwischen Perikard- und den Pleurahöhlen.

Die die epitheliale Lungenknospe unmittelbar bedeckende Mesodermschicht wird später die spiegelnde Bedeckung der Lunge mit Pleura visceralis (das nach innen gewandte Lungenfell) ergeben. Aus der Mesodermschicht der Thoraxwand entsteht entsprechend die Pleura parietalis (das wandständige Brust- oder auch Rippenfell), die die Pleurahöhle auskleidet. Die kaudale Begrenzung der Pericardioperitonealkanäle, die Pleuroperitonealfalte, wölbt sich zunehmend durch das Lungenwachstum von dorsal in die embryonale Bauchhöhle vor, bis sie ungefähr in der siebten Woche mit dem von ventral sich vorschiebenden Septum transversum verschmilzt und auf diese Weise das Diaphragma (Zwerchfell) bildet.

Das Einsprossen der epithelialen Lungenknospe in das umgebende Mesoderm erfolgt regelhaft in der Weise, dass in der sechsten Woche links zwei und rechts drei Hauptbronchien angelegt werden, die bereits die spätere Lappengliederung von zwei Lappen links und drei Lappen rechts vorwegnehmen. Die weitere Teilung der Hauptbronchien geschieht dichotom, das heisst aus jeder Lungenknospe entstehen wiederum zwei weitere. Auf diese Weise entstehen die Segmente, Subsegmente und weitere Teilungsgenerationen bis hinunter zur Ebene der Alveolen. Insgesamt werden 23 Teilungsschritte durchlaufen, von denen 17 bis zum Ende des sechsten Monats abgelaufen sind und von weiteren sechs Teilungsschritten gefolgt werden, die erst nach der Geburt stattfinden.

Auf zellulärer Ebene steuert das umgebende Mesoderm die Verzweigungvorgänge, aber auch die Stabilität der gebildeten epithelialen Strukturen. Wachstumsfaktoren wie Transforming Growth Factor-b oder Epidermal Growth Factor finden sich vor allem entlang bereits gebildeter epithelialer Strukturen und – wie das Proteoglykan Syndecan – nicht im Bereich der aussprossenden Epithelknospen. Austauschexperimente mit Mesoderm aus verschiedenen Regionen haben ergeben, dass es bedeutende regionale Unterschiede in der Wachstumsförderung durch das Bindegewebe geben muss. Mesoderm aus dem Bereich der Trachea unterdrückt ein weiteres Wachstum der Lungenknospen, während Mesoderm aus dem Bereich der Lungenknospen ein weiteres Aussprossen fördert.

Mittlerweile versteht man auch zunehmend die Steuerungsvorgänge in den Zellkernen, die der Zelldifferenzierung vorausgehen. Transkriptionsfaktoren, also Proteine, die an die DNA im Zellkern binden und das Ablesen der DNA steigern (seltener auch reduzieren) können, werden in den embryonalen Lungengeweben zu verschiedenen Entwicklungszeitpunkten unterschiedlich stark exprimiert

Stadien der Lungenreifung

Während dieser Wachstumsvorgänge ähnelt der Gewebeaufbau eher dem einer Drüse als dem späteren Lungengewebe nach der Geburt. Das Mesenchym dominiert noch und wird erst durch das zunehmende epitheliale Aussprossen zu dünnen bindegewebigen Blättern zusammengedrückt . Nacheinander werden während der embryonalen Lungenentwicklung folgende Stadien durchlaufen:

  • pseudoglanduläres Stadium (8. bis 16. Woche), in dem vornehmlich das luftleitende System der Bronchi und Bronchioli angelegt und ausgebildet wird, ohne dass die zur Sauerstoffresorption notwendigen respiratorischen Abschnitte vorliegen; das Bild der Lunge ähnelt in diesem Stadium am deutlichsten einer Drüse;
  • kanalikuläres Stadium (17. bis 26. Woche), in dem es durch Aufweitung der Endabschnitte der Bronchiolen zur Bildung von Bronchioli respiratorii kommt, in denen Sauerstoff resorbiert werden kann. Ferner wachsen in diesem Stadium dichte Blutgefässnetze ein;
  • alveoläres Stadium (ab der 26. Woche), in dem die Hauptorte der Sauerstoffresorption, die Alveolen mit den assoziierten Blutkapillarnetzen, zunächst in primitiver Form ausgebildet werden und sich das Epithel in verschiedene Zelltypen (Alveolarepithelzellen I, II) differenziert. Als wichtigste Folge der Zelldifferenzierung kommt es zur Bildung eines Phospholipidgemisches (Surfactant), das als dünner Film die Alveolenoberfläche überzieht und bei Einsetzen der Atmung die Lunge am Kollabieren hindert . Frühgeburten in diesem Stadium haben daher bei intensivmedizinischer Versorgung gute Überlebenschancen.

Die Lunge ist beim Ungeborenen angefüllt von einem Gemisch aus Drüsensekret, salzhaltiger Flüssigkeit und dem Surfactant. Erst während des Geburtsvorgangs wird die Flüssigkeit teilweise aus der Lunge abgepresst, restliche Mengen werden rasch über Blut- und Lymphwege abtransportiert. Durch die ersten Atemzüge werden die Alveolen mit Luft gefüllt, so dass nunmehr die Pleurahöhen von den Lungen vollständig ausgefüllt werden. Daraus folgt eine für die forensische Medizin wichtige Tatsache: Mit der Luftfüllung ändert sich abrupt das spezifische Gewicht des Lungengewebes. Ist die Lunge noch nicht belüftet worden, geht ein solches Gewebestück im Wasser unter, während ein schon belüftetes Gewebestück auf dem Wasser schwimmt – eine nicht unwichtige Unterscheidung, wenn es um die Klärung der Frage geht, ob ein totes Neugeborenes nach der Geburt geatmet hat oder nicht.

Nach der Geburt hält das Wachstum der Lunge weiterhin an, denn ungefähr 90 Prozent der gesamten Alveolen werden erst nachgeburtlich bis etwa zum zehnten Lebensjahr neu gebildet.

In den Brustfellhöhlen eingebettet

Aus der Lage beider Lungen ergibt sich zwangsläufig deren Gestalt, da sie einem Ausguss der beiden Cavitates pleurales (Brustfellhöhlen) gleichen, die sich ihrerseits wiederum in der Brusthöhle (Cavitas thoracis) befinden. Zwischen beiden Brustfellhöhlen befindet sich ein weiterer abgegrenzter Raum, der gewissermassen in der Mitte steht und deshalb Mediastinum (Mittelfell) genannt wird. Die geometrische Form der Lungen gleicht Kegeln, deren mediale Seite durch einen sagital geführten Schnitt abgestumpft wurde. Beständige charakteristische Merkmale sind.

  • Apex pulmonalis (Lungenspitze),
  • Basis pulmonalis (Unterfläche der Lunge).

Aus der Lage in der Brustfellhöhle ergeben sich für die Lungen zwangsläufig flächenhafte Nachbarschaftsbeziehungen, die ihren Ausdruck in folgenden Flächenbezeichnungen finden:

  • Facies costalis, die äussere, den Rippen zugewandte Seite der Lungen;
  • Facies diaphragmatica, mit der die Lungen Kontakt mit dem sich konvex in den Brustraum vorwölbenden Diaphragma (Zwerchfell) erhalten, durch das sie vom Bauchraum getrennt werden;
  • Facies mediastinalis, mit der die Lungen an das Mediastinum angrenzen.

Der Übergang der Flächen erfolgt dorsal ohne abrupten Wechsel und ohne deutliche Grenze eher allmählich gerundet. Im Gegensatz hierzu sind Facies mediastinalis und costalis ventral am vorderen Rand (Margo anterior) scharf voneinander abgesetzt. Dies gilt ebenso für den unteren Rand (Margo inferior), der die Facies diaphragmatica ebenfalls scharf von den aufsteigenden Flächen der Lunge trennt.

Auf Grund der weichen Konsistenz des Lungengewebes ergibt das Oberflächenrelief der Lungen ein recht getreues Bild der unmittelbar benachbarten Organe. Hiervon ist insbesondere die Facies mediastinalis betroffen, die links und rechts eine lebhaft gestaltete Oberfläche aufweist. Eine wichtige Orientierungsstelle an der mediastinalen Lungenoberfläche bietet die Lungenpforte (Hilum pulmonis), an der die grossen Lungengefässe und der Hauptbronchus in die Lunge eintreten, deren Gesamtheit als Radix pulmonis (Lungenwurzel). bezeichnet wird.

Da das Mediastinum an seinem Ursprung an den Wirbeln schmal ist und sich erst durch Aufnahme der grossen Gefässe weitet, ergeben sich vertikal verlaufende, firstartig vorspringende Leisten, die von der Lungenspitze aus über die Lunge hinweglaufen und in die Margo inferior übergeht. Das Relief der mediastinalen Seite der rechten Lunge wird zusätzlich gebildet durch:

  • den Sulcus arteriae subclaviae (die Furche der Unterschlüsselbeinarterie);
  • den Sulcus venae cavae (die Furche der oberen Hohlvene);
  • die Impressio der Vena azygos (der Abdruck der rechten hinteren Längsvene).

Diese Vertiefungen des Lungengewebes liegen zusammen mit der Rinne der Trachea allesamt kranial der Lungenpforte. Dort beginnt die Vertiefung, die durch den Ösophagus hervorgerufen wird, die sich aber in der Folge über die gesamte hintere mediastinale Fläche bis zum Margo inferior hinwegzieht. Zum Margo anterior hin gewandt, hinterlassen auch der Thymus mit dem umgebenden Fettgewebe sowie das Herz seichte Vertiefungen.

Hiervon deutlich verschieden ist das Relief der mediastinalen Seite der linken Lunge. Hier fallen insbesondere zwei Merkmale ins Auge:

  • die tiefe Impressio cardiaca (Herzbucht), die durch das weit nach links sich vorwölbende Herz verursacht wird und die derart tief ist, dass auch der Margo anterior der Lunge eine weite Einkerbung, die Incisura cardiaca, aufweist;
  • die Impressio des Aortenbogens oberhalb des Hilum und die Fortsetzung durch die Impressio der Aorta descendens.

Diese Besonderheiten des Oberflächenreliefs der Lungenoberfläche hat auch Konsequenzen für die physiologischen Parameter der Lunge. Die tiefe Herzbucht verkleinert die linke Lunge beträchtlich auf 560 g und 1400 cm³ verglichen mit 620 g und 1500 cm³ der rechten Lunge, so dass sich ein Gewichs- und Volumenverhältnis von rechter zu linker Lunge von 11:10 ergibt.

Die menschliche Lunge ist streng hierarchisch gegliedert. Die Gliederung geht vom Aufteilungsmuster der Bronchien aus und spiegelt sich teilweise auch an der Lungenoberfläche wider. Beide Lungen zerfallen in folgende Untereinheiten:

  • Lungenlappen (Lobi pulmonis); die rechte Lunge weist drei Lobi auf, nämlich Ober- und Unterlappen (Lobus superior und inferior), zwischen die sich der keilförmige Mittellappen (Lobus medius) schiebt, während sich die linke Lunge aus nur zwei Lobi, nämlich Oberlappen und Unterlappen zusammensetzt, von denen der Oberlappen unterhalb der Incisura cardiaca zu einer schmalen Zunge ausgezogen ist, der Lingula;
  • Lungensegmente (Segmenta bronchopulmonalia), die durch Bindegewebe mehr oder weniger voneinander abgegrenzt werden und annähernd kegelförmige Gestalt aufweisen. Jedes Segment wird von einem Segmentbronchus und einem Ast der A. pulmonalis, einer Segmentarterie, versorgt, während in den bindegewebigen Septen die Venen verlaufen, die sich erst hilumnah zu den Venae pulmonalis vereinigen;
  • Lungenläppchen (Lobuli pulmonis), die jeweils von einem Bronchiolus versorgt werden und ebenfalls durch Bindegewebe voneinander abgrenzt sind, was sich an der Oberfläche der Lunge in einer Felderung des Gewebes äussert;
  • Azini (acinus, lateinisch Beere), die den blindsackartigen Endabschnitt des Bronchialbaumes darstellen und die Gesamtheit aller von einem Bronchiolus terminalis versorgten Alveolen umfassen.

Die Lobi sind durch tiefe Spalten (Fissurae interlobares) voneinander getrennt. In diese Spalten zieht die Pleura visceralis, die die Lungenoberfläche unmittelbar überzieht, tief hinab, um erst in der Tiefe auf das nächste Segment überzugehen. Diese Spalten tragen ebenfalls zu einer charakteristischen Oberflächengliederung der Lunge bei.

An der rechten Lunge trennt die schräg verlaufende Fissura obliqua den Lobus inferior von den Lobi superior et medius, während die kurze Fissura horizontalis die Lobi superior et medius separiert. An der linken Lunge trennt eine stärker senkrecht als auf der rechten Seite verlaufende Fissura obliqua die Lobi superior et inferior voneinander.

Pleurae bedecken die Lunge

Die Lunge ist vollständig luftdicht durch eine doppelte Bedeckung mit Pleura parietalis (Brustfell) und visceralis (Lungenfell) umkammert, als ob die Lungen in einem Sack steckten, der am Hilum pulmonis verschnürt ist. Dabei setzt sich die Sackwand jenseits der Schnürung kontinuierlich auf der Innenseite der Thoraxwand beziehungsweise auf Zwerchfell und Mediastinum fort. Entsprechend werden auch drei Anteile der Pleura parietalis unterschieden:

  • Pars costalis (Innenseite des Brustkorbes);
  • Pars mediastinalis (auf den Seitenflächen des Mittelfells)
  • Pars diaphragmatica (auf dem Zwerchfell).

Unter der Pleura parietalis liegt im Bereich der Brustwand eine lockere bindegewebige Verschiebeschicht, die Fascia endothoracica, die sich auf dem Zwerchfell als Fascia phrenicopleuralis fortsetzt.

Folgerichtig schlagen parietale und viscerale Pleura am Hilum ineinander um. Dieser Umschlag setzt sich kaudal des Hilum dünn ausgezogen als Ligamentum pulmonale fort. Nur an diesen beiden Stellen, der Radix pulmonis (Lungenwurzel, Lungenstiel) und dem Ligamentum pulmonale, deren Gesamtheit als Mesopneumonium bezeichnet wird, ist die Lunge befestigt; ansonsten ist sie unter normalen physiologischen Bedingungen allseits frei beweglich in der Pleurahöhle. Die Pleura visceralis liegt der Lungenoberfläche als nicht ablösbarer, sehr dünner, spiegelnder Überzug an, während die Pleura parietalis die Brusthöhle auskleidet. Die Pleurahöhlen für rechte und linke Lunge sind voneinander getrennt, berühren sich aber in der oberen Hälfte des Sternums. Den Raum zwischen den Pleurahöhlen nimmt das bereits genannte Mediastinum ein.

Zwischen beiden Pleurablättern befindet sich ein 10 bis 20 µm schmaler, mit Hyaluronsäure-reicher Flüssigkeit gefüllter Spalt, so dass die mechanische Reibung bei den Atembewegungen herabgesetzt wird und beide Pleurablätter ohne Schwierigkeiten aneinander vorbeigleiten können. Dies ändert sich sofort, wenn die Oberflächen der Pleura durch Entzündungen (Rippenfellentzündung, Pleuritis) anschwellen und uneben werden. Dann kann jeder Atemzug für den Patienten äusserst schmerzhaft werden, da das parietale Blatt der Pleura von den Nervi intercostales (Zwischenrippennerven) und dem Nervus phrenicus (Zwerchfellnerv) reich innerviert ist.

Atemmuskulatur unterstützt Inspiration und Expiration

Die regelhafte Be- und Entlüftung der Lunge wird durch die Vergrösserung und Verkleinerung des Thoraxraumes während der Atmung ermöglicht. Die hierzu notwendigen Thoraxbewegungen werden von der quergestreiften Atemmuskulatur bewirkt. Hierzu zählen primär:

  • das Diaphragma (Zwerchfell) als wichtigster Atemmuskel und beinahe alleiniger Träger der Ruheatmung;
  • die Musculi (Mm.) intercostales intimi, interni und externi (innerste, innere und äussere Zwischenrippenmuskeln);
  • die Musculi scaleni (skalenos griechisch uneben, schief; weil diese Muskeln mit der Wirbelsäule und den oberen beiden Rippen ein schiefes Dreieck bilden).

Inspiration und Exspiration werden in unterschiedlicher Weise von der Atemmuskulatur unterstützt. Von den Zwischenrippenmuskeln dienen die innersten und inneren Anteile ohne jene parasternalen (benachbart dem Sternum, Brustbein) Abschnitte, die zwischen den Rippenknorpeln liegen (Mm. intercartilaginei), der Expiration. Die äusseren Zwischenrippenmuskeln sorgen zusammen mit den parasternalen Anteilen der inneren Zwischenrippenmuskeln, ebenso wie die Mm. scaleni, für die Inspiration.

Die Wirkung dieser Muskeln besteht in einer Formänderung des Thorax. Was auf den ersten Blick als Hebung oder Senkung der Rippen imponiert und sich in einer Weitung oder Engstellung des Thorax äussert, ist im Grunde eine Kreiselbewegung der Rippen an ihrer Gelenkverbindung mit den Wirbel. Diese Verbindung besteht aus zwei Einzelgelenken: Articulatio capitis costae (Rippenkopfgelenk) zwischen Rippenkopf und Wirbelkörper und Articulatio costotransversaria (Rippenquerfortsatzgelenk) zwischen Querfortsatz des Wirbels und dem Anfangsteil des Rippenkörpers, dem Tuberculum costae (Rippenhöckerchen).

Durch diese Gelenkanordnung kann sich jede Rippe nur um eine Achse um den Rippenhals bewegen. Da die Rippen jedoch stark gekrümmt sind, wird diese Kreiselbewegung vorne und seitlich als Heben und Senken sichtbar. Eine Hebung der bauchwärts gewandten (ventralen) Rippenenden bewirkt gleichzeitig eine Streckung der dort befindlichen Rippenknorpel (Cartilago costalis), so dass sich der Winkel zwischen Sternum und Rippenknorpel (infrasternaler Winkel) vergrössert und der Thorax geweitet wird. Diese Lageänderungen verformen gleichzeitig den elastischen Rippenknorpel im Sinne einer Torsion. Die hierzu aufgewandte Energie wird bei der Expiration als Rückstellkraft frei.

Zusätzlich zu den genannten Muskeln unterstützen noch weitere die Atembewegungen (Hilfsatemmuskeln). Zu den inspiratorischen Hilfsatemmuskeln zählen:

  • der Musculus (M.) sternocleidomastoideus (Kopfwender, weil dieser Muskel vom Brustbein, griechisch sternon, und vom Schlüsselbein, griechisch kleis, zum Warzenfortsatz, griechisch mastoides, des Schädels zieht);
  • die Mm. intercostalis externi (äussere Zwischenrippenmuskeln);
  • die Mm. intercartilaginei (der parasternale Anteil der Mm. intercostales interni).

In gewissem Umfange kommt auch folgenden Muskeln inspiratorische Hilfswirkung zu:

  • Mm. serrati posterior superior et inferior (der hintere obere und untere Sägemuskel, deren Ansatzlinie an den Rippen gezackt, lateinisch serratus, verläuft);
  • M. pectoralis minor et major (kleiner und grosser Brustmuskel);
  • M. erector spinae (Wirbelsäulenstrecker);
  • M. quadratus lumborum (quadratischer Lendenmuskel).

Die inspiratorischen Hilfsatemmuskeln wirken auf zweierlei Weise. Entweder ziehen sie Rippen, Brust- oder Schlüsselbein kopfwärts und erweitern dadurch den Thorax. Dies gilt für den M. sternocleidomastoideus und den M. serratus posterior superior. Oder sie ziehen die unteren Rippen nach unten und stellen sie gewissermassen fest, damit bei der inspiratorischen Tieferstellung des Zwerchfells die Ursprünge des Zwerchfells an den Rippen nicht nach oben gehoben werden, was im Endeffekt keine Nettozunahme des Thoraxraumes ergäbe. Diese Aufgabe übernehmen die Mm. serratus inferior und quadratus lumborum.

Teilweise können die inspiratorischen Hilfsatemmuskeln ihre Funktion nur erfüllen, wenn Arm und Schultergürtel fixiert sind. Dies ist bei M. pectoralis minor et major der Fall. Daraus resultiert die typische Haltung eines Patienten bei schwerer Atemnot. Er stützt sich mit den Armen auf, um gewissermassen die letzte inspiratorische Reserve mit Hilfe dieser Muskeln zu mobilisieren.

Expiratorische Hilfsatemmuskeln sind
  • die lateralen Anteile der Mm. intercostales interni;
  • die Muskeln der Bauchwand wie der M. transversus abdominis, M. obliquus externus und internus abdominis, die die Rippen nach unten ziehen, aber auch den Bauchraum verkleinern und damit das Zwerchfell kolbenartig nach oben stossen können;
  • M. transversus thoracis, der die Rippenknorpel gegen das Brustbein nach unten zieht;
  • der M. latissimus dorsi (breiter Rückenmuskel), der bei forcierter Ausatmung über seine Ursprünge an den 10. bis 12. Rippen den Thorax zusammenpressen kann. Leicht fühlbar wird dieser Muskels an der seitlichen Brustwand bei Hustenstössen (Hustenmuskel).
Rasch handeln bei Pneumothorax

Für eine regelrechte Atembewegung ist es notwendig, dass die Lunge den Atembewegungen des Thorax folgt und damit die Kraftübertragung von der Atemmuskulatur auf das elastische Lungengewebe sichergestellt ist. Ohne diese Kraftübertragung kann die Be- und Entlüftung der Lunge nicht gelingen, da sich das elastische Lungengewebe unter drastischer Verkleinerung der Gasaustauschfläche zusammenziehen würde und eine ausreichende Arterialisierung des Blutes nicht mehr gewährleistet ist.

Für die Kraftübertragung von der Atemmuskulatur auf die Lunge ist es wesentlich, dass in dem engen Pleuraspalt ein Unterdruck von etwa 5 bis 8 cm H2O bei Expiration und bei Inspiration herrscht und die Flüssigkeitsmenge unter normalen physiologischen Bedingungen zwischen den Pleurablättern mit wenigen Millilitern sehr gering ist. Erst der Unterdruck (Dondersscher Druck, benannt nach Frans Cornelis Donders, 1818 bis 1889, Physiologe und Augenarzt in Utrecht) bewirkt die volle Entfaltung der Lunge, die sich hierdurch fast der gesamten Thoraxinnenwand passgenau anlegt und jeder Atembewegung des Thorax folgt. Ohne Unterdruck im Pleuraraum würde sich das Lungengewebe durch die Eigenelastizität sofort hilumwärts zusammenziehen mit der Folge eines fast vollständigen Verlustes der Gasaustauschfläche. In den hermetisch abgeschlossenen, nur wenige Mikrometer breiten Pleuraraum kann jedoch auf zwei Wegen Luft gelangen und den Unterdruck auflösen:

  • von aussen als traumatischer Pneumothorax, beispielsweise durch Verletzungen der Thoraxwand durch Stichverletzungen, beim Aufspiessen der Pleura durch Rippenfrakturen, iatrogen bei transthorakalen Lungenbiopsien, Pleuradrainagen, durch Legen von Subclaviakathetern;
  • von innen durch eine Lungenerkrankung, zum Beispiel bei einem Lungenemphysem durch spontanes Platzen subpleuraler Emphysemblasen (Spontanpneumothorax).

Ein Pneumothorax entsteht plötzlich und löst schmerzhafte Atembewegungen wegen der Reibung zwischen den Pleurablättern, Atemnot und gegebenenfalls eine respiratorische Insuffizienz aus. Ein Spannungspneumothorax führt zusätzlich noch zur Kreislaufinsuffizienz und damit innerhalb weniger Minuten zum Tod. Bei einem Spannungspneumothorax wirkt die verletzte viszerale Pleura wie ein Ventil, so dass zwar Luft von aussen oder von innen in den Pleuraraum eintreten, diesen jedoch nicht mehr verlassen kann. Die Raumforderung der eingedrungenen Luft bewirkt eine Verlagerung des Mediastinums zur kontralateralen Seite. Hierdurch wird die kontralateralen Lunge komprimiert und deren Gasaustauschfläche verringert. Noch schwerer wiegt, dass der entstandene Überdruck im Thorax nun durch Druck auf das Mediastinum auch den venösen Rückstrom zum Herzen vermindert. Es kommt dann zur Kreislaufinsuffizienz.

Alle Pneumothoraces erfordern eine rasche Pleuradrainage; beim Spannungspneumothorax muss das Zurückströmen von Luft verhindert werden (im Notfall durch eine Fingerlingkanüle nach Tiegel oder Pleuracath®).

Pleuraerguss bei kardialer Stauung Im Unterschied zum Pneumothorax handelt es sich beim Pleuraerguss um eine Vermehrung der Flüssigkeitsmenge in der Pleurahöhle. Normalerweise besteht ein Gleichgewicht zwischen Produktion und Resorption der serösen Pleuraflüssigkeit. Auf Grund des höheren systemischen Drucks in den Kapillaren der parietalen Pleura wird dort beständig Flüssigkeit abgepresst und von den Kapillaren des Niederdruckgebietes der viszeralen Pleura und von den dortigen subpleuralen Lymphgefässen wieder resorbiert. Überwiegt der Einstrom von Pleuraflüssigkeit die Resorption, enststeht ein Pleuraerguss. Je nach Herkunft und Art der eingedrungenen Flüssigkeit unterscheidet man:

  • Hämatothorax bei blutigem Pleuraerguss, meist nach einem Trauma;
  • Hydrothorax bei serösen Ergüssen, die einer Einblutung in den Pleuraraum rasch folgen, da das Blut einen Reiz zur Exsudation seröser Flüssigkeit setzt;
  • Chylothorax bei Erguss von Lymphe, beispielsweise durch Verletzung oder bei einer durch einen Tumor verursachten Läsion des Ductus thoracicus (Milchbrustgang);
  • Pyothorax bei eitrigem Erguss.

Häufigste Ursache eines Pleuraergusses ist die kardiale Stauuung, die meist rechtsseitig lokalisiert ist und erst bei schwerer Herzinsuffizienz beidseits manifest wird. Die Pleuraergüsse sind lediglich Folge des gestörten Flüssigkeitshaushalts auf Grund des Blutrückstaus in den Lungenkreislauf. Wird das kardiale Grundleiden beseitigt, bilden sie sich ohne bleibende Schäden zurück.

Weitere wichtige Ursachen sind bakterielle und virale Infektionen. Bei Pneumonien sind in etwa 30 Prozent der Fälle Ergüsse zu beobachten. Besonders bei leichteren, kurz andauernden Fällen und bei viralen Infekten bleibt der Erguss meist steril. Dringen jedoch bakterielle Erreger in den Pleuraraum ein, kann sich ein Pyothorax entwickeln, der durch wiederholte Punktion oder Spülbehandlung saniert werden muss. Bei Abklingen der Entzündungsreaktion der Pleura kann es zu ausgedehnten Verklebungen und Verschwartungen kommen. Solche Pleuraschwarten können die Lunge fesseln, die Lungendehnung massiv behindern und die Atemfunktion deutlich stören.

Reserveräume: Recessus Auch wenn die Lungen der Thoraxwand eng anliegen, füllen sie die Pleurahöhlen nicht vollständig aus. Diese bilden schmale taschenförmige Reserve- oder Komplementärräume, die Recessus, die bei voller Inspiration der Lunge eröffnet werden. Zwischen Mediastinum und Brustwand liegt der Recessus costomediastinalis, der wegen des seitenverschobenen Pericards links grösser ist als rechts. Zwischen Diaphragma und Brustwand befindet sich der Recessus costodiaphragmaticus, der tief bis auf die Ursprünge des Diaphragmas an Rippenbogen und Lumbalwirbeln herabreicht und deshalb rechts bis hinter den rechten Leberlappen und links hinter Magen und Milz hinab bis in die Region des oberen Nierenpols reichen kann.

Die Lage des Recessus costomediastinalis beeinflusst zudem die Perkussion der vorderen Brustwand, da die Herztöne unterschiedlich stark gedämpft werden, je nach dem ob sich Lungengewebe zwischen Herz und Brustwand einschiebt oder nicht. An den Stellen der Brustwand, an denen das Herz der Brustwand direkt anliegt, wird die Dämpfung als absolute Herzdämpfung bezeichnet. Dort, wo während der Inspiration Lungengewebe in den Recessus costomediastinalis hineingezogen wird und damit zwischen Herz und Brustwand liegt, registriert man die relative Herzdämpfung.

Mediastinum

Das Mediastinum (Mittelfell) umfasst das zwischen den beiden Pleurahöhlen gelegene Gebiet, das vorne durch das Sternum (Brustbein) und hinten durch den thorakalen Abschnitt der Wirbelsäule begrenzt wird. Wegen der Bedeutung der hindurchziehenden oder dort gelegenen Strukturen und auch wegen seiner Verbindung mit extrathorakalen Regionen wie dem Hals ist es klinisch sehr wichtig.

Das Mittelfell wird willkürlich in das obere und das untere Mediastinum, unterteilt. Diese werden durch eine Ebene zwischen Unterrand des vierten Thorakalwirbels und dem Übergang zwischen Manubrium sterni (Brustbeinhandgriff) und Corpus sterni (Brustbeinkörper) getrennt. Das obere Mediastinum liegt demnach oberhalb des Herzens, das untere liegt auf dessen Höhe. Das untere Mediastinum wird wiederum in drei hintereinander stehende Räume gegliedert:

  • das vordere Mediastinum zwischen Perikard und Sternum; es verengt sich oberhalb des vierten Rippenknorpels, wo sich die beiden Pleurasäcke fast berühren;
  • das mittlere Mediastinum, der bei weitem grösste Anteil des Organs, der das Herz mit Perikard birgt;
  • das hintere Mediastinum, das vorne durch die Bifurcatio tracheae (Gabelung der Trachea in die zwei Hauptbronchien), das Perikard, die Lungengefässe und die steil aufsteigende Pars lumbalis des Diaphragmas begrenzt wird und hinten durch die Brustwirbelsäule vom vierten bis zum zwölften Thorakalwirbel.

Jeder dieser drei Räume des Mediastinums beherbergt charakeristische Strukturen, deren Kenntnis bei der Beurteilung von Kernspintomogrammen unverzichtbar ist.

Klinisch bedeutsam ist die Tatsache, dass das Mediastinum nicht allseits geschlossen ist, sondern vielmehr eine Verbindung mit einem Teil des Eingeweideraums des Halses hat. Flächenhafte Bindegewebszüge (Faszien) ummanteln mehr oder minder straff Halsmuskeln, Gefässnervenstränge und Halseingeweide. Es gibt die oberflächliche, mittlere und tiefe Halsfaszie. Oberflächliche und mittlere Halsfaszie inserieren am Sternum und an der Clavicula (Schlüsselbein) und verschliessen daher nach kaudal die zwischen ihnen gelegenen Räume, s