Die Geschichte von Roman Wagelaar

Die Geschichte von Roman Wagelaar

RomanRoman Wagelaar
Die Geschichte von Roman, erzählt von seiner Mutter Marion.
E-Mail: marion.wagelaar@web.de |marion.wagelaar@web.de

Romans Geschichte – in Kürze

Nach einer ganz normalen Schwangerschaft kam unser zweites Wunschkind im Frühjahr 1989 zur Welt. Roman war ein süsses Baby. Er hat im Gegensatz zu seiner älteren Schwester sehr oft und lang geschlafen, was mir aber nicht unrecht war. Nach einem halben Jahr fiel dem Kinderarzt auf, dass Roman nicht soviel zunahm wie es normal war. Nach einer Nahrungsumstellung und vielen Untersuchungen haben die Ärzte uns eröffnet, dass er eine primäre pulmonale Hypertonie hatte und er wahrscheinlich keine zwei Jahre alt werden würde.
Um ihm das Leben zu erleichtern, gaben sie ihm Cortison und Sauerstoff. Wir haben natürlich alles Mögliche versucht, gingen in Kliniken in ganz Deutschland und haben Homöopathen und Wunderheiler besucht. Keiner wusste ein durchschlagendes Ergebnis.

Bei jedem Geburtstag von Roman habe ich das heulende Elend gekriegt – denn er sollte ja nur zwei Jahre werden.

Roman sollte mindestens 15-18 Stunden am Tag Sauerstoff erhalten. 12 Stunden die Nacht, 4-6 Stunden Kindergarten bzw. Schule, Hausaufgaben und dann war er von seinem Schlauch frei und konnte mit Freunden spielen.
Roman konnte seine körperlichen Schwächen sehr gut kompensieren, indem er sehr früh einen grossen Wortschatz hatte und in der Schule gut war.Es ist ihm alles nur so zugeflogen.
Alle Kinder kannten ihn vom Kindergarten her (es ist eine Dorfschule mit 47 Kindern von der 1bis zur 4 Klasse) und die Sache mit dem Sauerstoff hat keinen gestört. Er brachte immer sehr gute Noten mit nach Hause, was sein Selbstbewusstsein auch gestärkt hat.

In der zweiten Klasse, nach den Pfingstferien hat er sich mit Windpocken angesteckt, die seine Lungen sehr stark angriffen.
Klinisch tot und mit einer massiven Lungenentzündung kam er in die Tübinger Uni-Klinik. Auch nach vielen Versuchen haben es die Ärzte nicht mehr geschafft, Roman von der Beatmungsmaschine loszukriegen.
Nach 5 Wochen wurde Roman in das Dr. von Hauner’sche Kinderspital in München verlegt, die auf beatmete Kinder spezialisiert ist. Wir kamen mit dem Ziel dahin, Roman von der Beatmungsmaschine loszukriegen und dann daheim sterben zu lassen. Von Transplantation war zunächst keine Rede. Aber nach gewisser Zeit machte man uns keine Hoffnungen ihm von der Beatmungsmaschine weg zu bekommen. Die einzige Möglichkeit sei eine Herz-Lungen-Transplantation. 3 Wochen haben wir gebraucht um von Roman – der ja nun schon 8 Jahre alt war -die Zustimmung für einen solchen Eingriff zu erhalten… und dann fing das Warten an.
Mein Mann war mit den beiden Mädchen (wir habe 16 Monate nach Romans Geburt noch unsre Maren bekommen) und meiner Mutter zu Hause in Rottenburg, 300 km entfernt, und Roman und ich waren in München, was für die ganze Familie nicht einfach war.

Roman war auf der Intensivstation und ich habe in der Stiftung „Omnibus“ von Pater Michael Först (dem damaligen Klinikseelsorger) gewohnt.
Da man ja nicht wusste, wie lange man auf die Organe zu warten hatte, musste man Roman das Warten so angenehm wie möglich machen. Er hatte 11/2 Meter Schlauch, um sich bewegen zu können. Jeden Tag Krankengymnastik, Ergotherapie, manchmal kamen die Klinikclowns, einmal die Woche kam eine Psychologin. Frau Weis, die Lehrerin von der Schule für Kranke, kam jeden Tag und hat sich für Roman Zeit genommen. Sie hat sich mit Romans Lehrerin in seiner Heimatschule in Verbindung gesetzt und nach dem Lehrplan gefragt. Ob es nun das 1×1 oder das schriftliche multiplizieren war, sie hat es dem Jungen beigebracht. In Heimat- und Sachkunde hat die Schule im Krankenhaus denselben Stoff gemacht wie die Heimatschule. Was nicht immer einfach war, denn das Thema “Feuer“ auf der Intensivstation? Frau Weis wusste sich aber nach einiger Überlegung zu helfen. Sie hat dann mit Roman eine Lampe gebastelt mit Batterien – gibt ja auch Licht.

Es war auch ein Ziel von Frau Weis, dass Roman „Klassenkameraden“ hatte. Also haben wir Roman in einer sehr aufwendigen Aktion (mit transportablem Beatmungsgerät und einer Krankenschwester im Hintergrund) in ein anderes Zimmer gebracht. Da lernte Roman einen Jungen in seinem Alter kennen, der auch sehr oft ins Krankenhaus musste und die beiden haben dann zusammen gelernt. Leider war das nur ein Versuch für ein paar Tage, da es leider zu aufwendig für die Station war, Roman jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit zu richten, dass er sein Zimmer verlassen konnte.
Roman konnte ja nicht sprechen, weil er beatmet war, aber die Kommunikation klappte mit Händen, Füssen und tiefen Blicken.

Für mich, die ich einen vollen 10-Stundentag auf der Intensivstation hatte, war die Schule eine willkommene „Freistunde“.
Oft musste Frau Weis wieder gehen, weil Roman untersucht wurde, oder andere medizinische Gründe (die man leicht hätte verschieben können) dazwischen kamen. Erst nach einem ernsten Gespräch mit den Ärzten hatte die Lehrerin einen festen Termin, der nur im Notfall verschoben wurde.
Es war nicht immer leicht, denn Roman hatte alle 3-4 Wochen den „Krankenhauskoller“. Er hat mit niemandem mehr gesprochen, hat Nahrung und Medikamente verweigert und hat Frau Weis nur seinen Hintern hingestreckt oder er hat sie –wie uns alle- beschimpft. Sie hat es ihm nicht übel genommen, war dann sehr geduldig und hat ihm einfach nur was vorgelesen und wenn er es zuliess Händchengehalten.
Mit vielen angespannten Nerven und Ängsten haben wir ein Jahr lang auf der Intensivstation in München verbracht, denn jede Infektion konnte Romans Todesurteil bedeuten. Oftmals wussten wir nicht, ob Roman den nächsten Tag überlebt.

Und dann kam am 03.07.1998 der heissersehnte und doch unerwartete Anruf. Es war soweit, die Organe waren da und heute sollte die Transplantation durchgeführt werden. Dann ging alles ganz schnell. Roman wurde mit dem Krankenwagen nach Grosshadern gebracht und für den grossen Eingriff vorbereitet. Dann kam der grosse Augenblick – Roman wurde operiert. Die Ängste, die wir ausgestanden hatten, brauche ich hier wohl nicht zu beschreiben.
Am zweiten Tag nach der Transplantation sass Roman am Computer und hatte ganz rosige Lippen. So hatte ich ihn noch nie gesehen und ich traute meinen Augen nicht, denn ich dachte, nach so einem Eingriff, ist man für Wochen ausser Gefecht gesetzt. Er hatte ganz rosige Lippen, was wir von ihm nicht gewohnt waren. Leider dauerte es noch 3 ½ Monate, bis wir nach Hause kamen. Unnötigerweise kam nach der OP auch noch eine Bauchspeicheldrüsenentzündung dazu, die man nur im Krankenhaus behandeln konnte.
In seiner Schule war natürlich ein grosses Hallo. Seine Mitschüler haben ihn die ganze Krankenhauszeit begleitet, indem sie ihm Briefe geschrieben oder Kassetten geschickt haben. Roman hat erst einmal nachgeholt, was er früher körperlich nicht konnte. Er ist Fahrradgefahren und hat sich im Fussballverein angemeldet. 14 Tage nachdem er aus dem Krankenhaus entlassen wurde, hat er sich den Arm gebrochen und musste wieder in die Klinik – aber nur kurz!
Heute geht er nur noch zur Kontrolle nach Grosshadern ca. 2mal im Jahr.

Heute merkt man Roman nicht an, was er hinter sich hat. Im Alltag und in der Schule ist er ein ganz normaler Teenager mit Stärken und Schwächen.

Wir sind sehr stolz auf ihn!

Hier noch einige Bilder von Roman:

Roman Roman
Roman ist 16 Monate älter als Maren / Langeweile

Roman Roman
Krankengymnastik / Lernen ist angesagt

Roman Roman
Ergotherapie / Viel viel Zeit

Roman Roman
Das Thema Feuer auf der Intensivstation / Der 1. Tag nach der TX

Roman Roman
Es tut sooo weh! / 2 Wochen daheim und Roman bricht sich den Arm

Roman Roman
In die Klinik geht’s nur noch zur Kontrolle / ca. ein halbes Jahr nach der Transplantation

Roman
Roman ist mittlerweile ein Wildwasserkajakfahrer

[@uelle: Marion Wagelaar / Februar 2005]