Pulmonal-venösen Hypertonie

Stellenwert der pulmonal-venösen Hypertonie bei der chronischen Herzinsuffizienz

Risikostratifikation ist immer ein wesentlicher Aspekt therapeutischer Entscheidungen – so auch bei der Behandlung von Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz.

Daher beschäftigten sich über die vergangenen Jahrzehnte viele Studien mit der Fragestellung, welche Parameter bei Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion prognostisch relevant sind. Als wichtige Prädiktoren von Morbidität und Mortalität konnten so verschiedene Parameter identifiziert werden, wobei sich die meisten der publizierten Studien auf die Analyse linksventrikulärer Messgrössen konzentrierten. Entscheidend für die Prognose der Patienten sind beispielsweise die linksventrikuläre Ejektionsfraktion und die maximale Sauerstoffaufnahme unter Belastung (peak-vO2).

Konzentriert man sich bezüglich der Risikostratifikation jedoch auf die Analyse von Patienten mit schwerst eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (LVEF ≤ 20 %), verliert die LVEF natürlicherweise ihre prognostische Wertigkeit. Zudem ist der klinische Verlauf und die Lebenserwartung innerhalb dieser Gruppe sehr inhomogen, wobei die Ursachen hierfür letztlich nicht geklärt sind. Untersuchungen jüngeren Datums legen nahe, dass die Prognose solcher Patienten wesentlich von rechtsventrikulären Parametern determiniert wird. Hierbei kommt der sekundär pulmonalen Hypertonie insofern eine Schlüsselposition zu, als der pulmonalvaskuläre Widerstand die Nachlast des rechten Ventrikels bestimmt und somit eine begleitende sekundäre pulmonal-venöse Hypertonie letztlich das Herzzeitvolumen weiter limitieren kann.

Die Forschungsergebnisse der vergangenen Jahre haben vor allem die primär pulmonal-arterielle Hypertonie mehr ins Bewusstsein der klinischen Medizin gerückt. Die klinische Bedeutung der meisten sekundären Formen und insbesondere der pulmonal-venösen Hypertonie wird hingegen weiterhin meist mehr zur Kenntnis genommen als prognostisch eingestuft. Im Folgenden soll darum eine Übersicht über Klassifikation, Pathophysiologie und klinische Einteilung der pulmonalen Hypertonie dargestellt werden. Der Schwerpunkt liegt aber auf der pulmonal-venösen Hypertonie auf dem Boden einer Herzinsuffizienz.

Klassifikation der pulmonalen Hypertonie

Die aktuell gültige Klassifikation der pulmonalen Hypertonie ist an ätiologischen Gesichtspunkten ausgerichtet. Die ursprüngliche WHO-Klassifikation wurde 1998 in Evian revidiert und 2003 in Venedig nochmals erweitert. Aufgrund unterschiedlicher pathogenetischer Sequenzen und daraus resultierenden prognostischen und therapeutischen Konsequenzen ist es unentbehrlich, die Nomenklatur einzuhalten. Wichtig ist vor allem die Unterscheidung zwischen pulmonal-arteriell und pulmonal-venös, da sich viele der neu zugelassenen medikamentösen Optionen auf die pulmonal-arteriellen Formen beziehen.

Weltkongress in Venedig PH-Klassifikation
  • pulmonal-arterielle Hypertonie
  • pulmonal-venöse Hypertonie
  • pulmonale Hypertonie bei Erkrankungen des respiratorischen Systems
  • pulmonale Hypertonie infolge chronischer thrombotischer und/oder embolischer Prozesse
  • andere Erkrankungen mit Mitbeteiligung der Lungengefässe

Von grosser Bedeutung für die Kardiologie ist die sekundäre pulmonal-venöse Hypertonie bei Erkrankungen der linken Herzkammer oder Herzklappen und Linksherzinsuffizienz. Während eine akute Druckerhöhung in den Lungenvenen zum klinischen Bild des Lungenödems führt, mündet eine chronische Stauung häufig in die Ausbildung einer reaktiven pulmonalen Vasokonstriktion mit konsekutiver sekundärer pulmonaler Hypertonie. Definitionsgemäss gehören diese Formen der pulmonalen Hypertonie zu den pulmonal-venösen Erkrankungen, weil die Druckerhöhung im kleinen Kreislauf primär durch eine Erhöhung des Lungenvenendrucks bzw. des linksatrialen Drucks bedingt ist.

Physiologie und Pathophysiologie

Die pulmonale und die systemische Strombahn unterscheiden sich in ihrer Physiologie erheblich. So sind der kleine Kreislauf als so genanntes Niederdrucksystem und der grosse Kreislauf als Hochdrucksystem bekannt. Da die Lungenstrombahn im grossen Kreislauf zwischengeschaltet ist, wirkt sich eine Erhöhung des Widerstands im pulmonalen Stromgebiet letztlich auch auf die systemische Oxygenierung und die Leistungsfähigkeit des Patienten aus. Um einen adäquaten Gasaustausch aufrecht erhalten zu können, ist die gesunde Lunge eine hochvaskularisierte Struktur mit einem beeindruckenden vaskulären Netzwerk und einer Gesamtoberfläche von zirka 80 m2.

Wie in jedem Stromkreislauf sind Widerstand und Spannung wesentliche Determinanten des Flusses. Der Widerstand der Pulmonalstrombahn (PVR) ist aufgrund der anatomischen Besonderheiten mit geringer Muskularisierung der präkapillären Arteriolen sehr niedrig, die wesentliche Strecke der Compliance und der Volumenfüllung des Gefässbettes ist das Kapillarbett.

Steigt der pulmonale Druck durch körperliche Belastung, dehnen sich die Lungengefässe druckpassiv aus, zusätzlich werden in Ruhe eingeschränkt perfundierte Areale rekrutiert. So bleibt der pulmonal-arterielle Druck auch unter Belastung annähernd konstant. Die Spannung definiert sich im kleinen Kreislauf aus der Druckdifferenz zwischen dem mittleren pulmonal-arteriellen Druck und dem mittleren Verschlussdruck – dies ist der so genannte transpulmonale Gradient (TPG), der beim gesunden Menschen nur wenige mmHg beträgt. Daher genügen im kleinen Kreislauf bereits kleine Druckgradienten, um ein adäquates Blutvolumen zu transportieren.

Physiologische Werte der rechtsventrikulären Hämodynamik
  • systolischer pulmonal-arterieller Druck 18-25 mmHg
  • diastolischer pulmonal-arterieller Druck 6-10 mmHg
  • mittlerer pulmonal-arterieller Druck 12-16 mmHg
  • Lungenkapillardruck (PCWP = „pulmonary capillary wedge pressure”) 6-10 mmHg
  • transpulmonarer Gradient (TPG) 6-8 mmHg
  • Lungengefässwiderstand 60-120 dyn•s•cm-5

Auch pathophysiologisch unterscheidet sich die pulmonale Strombahn vom Systemkreislauf, wobei der hypoxischen Vasokonstriktion (Euler-Liljestrand) – im Gegensatz zur hypoxischen Vasodilatation der autonom regulierten Organe der Systemzirkulation – die grösste Bedeutung zukommt. Spielt pathogenetisch bei der primär pulmonal-arteriellen Hypertonie die Genmutation des knochenmorphogenetischen Proteinrezeptors Typ II eine wichtige Rolle, so sind bei der Ausbildung einer sekundär pulmonalen Hypertonie vor allem Hypoxie (z.B. Schlafapnoesyndrom), Rheologie (z.B. chronisch thrombembolische pulmonale Hypertonie), Inflammation (z.B. chronisch obstruktive Lungenerkrankung, COPD) und vermehrter Scherstress im Rahmen von Hyperzirkulationsvitien (z.B. Ventrikelseptumdefekt bzw. Vorhofseptumdefekt, VSD/ASD) entscheidende Faktoren.

Untersuchungen zur primären pulmonalen Hypertonie (PPH) und assoziierten Erkrankungen konnten zeigen, dass verschiedene Krankheitsbilder, die über unterschiedliche Mechanismen eine pulmonal-vaskuläre Hypertonie auslösen können, ab einem bestimmten Punkt in einer gemeinsamen pathophysiologischen Endstrecke münden. Wurde über lange Zeit die These einer überwiegend vasokonstriktorischen Genese der pulmonalen Hypertonie (PHT) favorisiert, hat in den vergangenen Jahren ein Paradigmenwechsel hin zur pulmonal-endothelialen Dysfunktion mit resultierender Vasokonstriktion, pathologischer Proliferation vaskulärer Zellen, vaskulärem Remodeling und „In-situ”-Thrombose in der Mikrostrombahn stattgefunden.

Hierbei kommt es im Verlauf zur Intimafibrose, zur Hypertrophie der Gefässmedia der Arteriolen und zur De-novo-Muskularisierung präkapillärer Arteriolen. Die Zunahme intimaler und medialer Diameter mündet in eine Querschnittsreduktion des pulmonalen Gefässbettes, und damit steigt der pulmonal-vaskuläre Widerstand. Dieser Übergang von einem primär vasokonstriktiven Prozess zu einem vasoproliferativen Geschehen mündet häufig in einem so genannten Circulus vitiosus, welcher den Wechsel von einer zunächst reaktiven in eine fixierte pulmonale Hypertonie markiert. Der Verlauf der pulmonalen Hypertonie ist hierbei in der Regel progredient.

Letztlich ist die Entwicklung der pulmonal-venösen Hypertonie bei einer chronischen Herzinsuffizienz auf die ansteigenden linksventrikulären Füllungsdrucke bei zunehmender linksventrikulärer Dysfunktion zurückzuführen. Eine besondere Rolle hat hierbei eine begleitende Mitralklappeninsuffizienz mit hoher v-Welle und hohen linksatrialen Drücken. Auf dem Boden dieses „Rückwärtsversagens” des linken Ventrikels mit einem Anstieg des linksatrialen Druckes und der daraus resultierenden pulmonal-venösen Stauung entwickelt sich – wie bei den arteriellen Formen – eine endotheliale Dysfunktion mit neurohumoraler Aktivierung und Ausbildung einer Arteriopathie. Über die endotheliale Dysfunktion entsteht somit aus der pulmonal-venösen eine sekundär pulmonal-arterielle Hypertonie.

Zwischen den linksventrikulären Füllungsdrücken und dem pulmonal-vaskulären Widerstand besteht eine lineare Korrelation [Abb. 1]. Soll der transpulmonale Gradient und damit das Herzzeitvolumen nicht abfallen, scheint die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie in dieser Konstellation zunächst eine adaptive Reaktion zu sein. Anders als bei den arteriellen Verlaufsformen schützt die pulmonale Widerstandserhöhung durch eine Regulation des venösen Rückstromes den linken Ventrikel vor einer Volumenüberladung.


Bild 1

Wird der pulmonale Widerstand medikamentös gesenkt, besteht somit die Gefahr einer akuten linksventrikulären Dekompensation mit Ausbildung eines Lungenödems. Werden die linksventrikulären Füllungsdrucke durch die Optimierung der Herzinsuffizienztherapie reduziert, so ist in Grenzen auch mit einer Reduktion der pulmonal-arteriellen Druckwerte zu rechnen. Bei anhaltender pulmonal-venöser Stauung kommt es jedoch wie bei den arteriellen Formen zu einem vaskulären Remodeling, und der anatomisch fixierte Anteil der pulmonalen Hypertonie kann – zumindest kurzfristig – medikamentös nicht mehr positiv beeinflusst werden.

Definition

Ist der pulmonal-arterielle Druck (PA-Druck) nur intermittierend erhöht, wird die pulmonale Hypertonie entsprechend der systemisch-arteriellen Hypertonie als latent eingestuft. Als manifest gilt die pulmonale Hypertonie erst bei einer persistierenden Erhöhung des pulmonal-arteriellen Drucks in Ruhe. Fixiert ist eine pulmonale Hypertonie dann, wenn selbst unter reiner Sauerstoffatmung oder medikamentöser Vasodilatation der pulmonal-vaskuläre Widerstand nicht um mehr als 20 % reduziert werden kann. Diese Definition fasst die Grenzwerte für den pulmonal-arteriellen Druck in Ruhe und in Bewegung zusammen.

Definition der pulmonalen Hypertonie

Ruhe

Belastung

Einteilung des Schweregrades der pulmonalen arteriellen Hypertonie
  • Schweregrad / Symptome / Echokardiografie / Rechtsherzkatheter
  • leicht / NYHA I / PAP 35-55 mmHg / PAM 21-40 mmHg
  • mässig / NYHA II / PAP > 55 mmHg / PAM > 40 mmHg
  • schwer / NYHA III / reduzierte rechtsventrikuläre Funktion / SvO2 < 60 %
  • sehr schwer / NYHA IV / schwer reduzierte rechtsventrikuläre Funktion / SvO2 < 50 %

PAP = systolischer pulmonal-arterieller Druck; PAM = pulmonal-arterieller Mitteldruck; SvO2 = gemischt venöse Sauerstoffsättigung

Klinische und hämodynamische Einteilung

Abnehmende Leistungsfähigkeit, rasche Ermüdung, Belastungsdyspnoe, Sinustachykardie, Schwindel und Synkopen unter Belastung, Zyanose sowie Brustschmerzen kennzeichnen das klinische Erscheinungsbild der pulmonalen Hypertonie. Liegt eine rechtsventrikuläre Dekompensation vor, kommt es zu Halsvenenstauungen, peripheren Ödemen, einer Stauungsleber und Aszites. Terminal mündet die pulmonale Hypertonie in eine Kombination aus rechtsventrikulärem Vor- und Rückwärtsversagen im kardiogenen Schock mit konsekutivem Multiorganversagen. Ist das Herzzeitvolumen in Ruhe deutlich reduziert, liegt eine schwere pulmonale Hypertonie vor. Sinkt dabei die gemischtvenöse Sättigung unter 50 %, ist der Patient vital bedroht.

In Anlehnung der NYHA-Stadieneinteilung bei der Linksherzinsuffizienz wird die pulmonale Hypertonie ebenfalls in vier Stadien eingeteilt (normale Belastbarkeit, Beschwerden bei starker körperlicher Belastung, leichter körperlicher Belastung, in Ruhe). Wichtig ist hierbei, zu berücksichtigen, dass die klinische Beschwerdesymptomatik und die hämodynamischen Messparameter keiner strengen Korrelation unterliegen und Patienten mit hohen pulmonal-arteriellen Drucken klinisch zum Teil nur wenig beeinträchtigt sind. Dies ist auf die Interaktion zwischen der Pulmonalstrombahn und der systolischen rechtsventrikulären Funktion zurückzuführen. Solange der rechte Ventrikel den erhöhten pulmonal-vaskulären Widerstand überwinden kann, bleibt das Herzzeitvolumen konstant. Dekompensiert der rechte Ventrikel jedoch im Verlauf, wird er auch keinen hohen Pulmonalisdruck mehr erzeugen können.

Elektrokardiografische Zeichen der pulmonalen Hypertonie und Rechtsherzhypertrophie sind prognostisch wenig aussagekräftig, da beispielsweise ein myokarditisch oder ischämisch geschädigter rechter Ventrikel nicht adaptieren kann.

Rechtsventrikuläre Funktion und Hämodynamik

Bei Patienten mit einer eingeschränkten linksventrikulären Funktion und pulmonal-venöser Hypertonie ist es wichtig, die rechtsventrikuläre Funktion und die Hämodynamik zu bestimmen, da beide Parameter eine prognostische Bedeutung besitzen. Als nichtinvasive Methode bietet sich hierfür die Echokardiografie an. Im Vergleich zur Bestimmung der Ejektionsfraktion des linken Ventrikels, der eine geometrische Funktion (Ellipse) zugrunde liegt, ist der rechte Ventrikel aufgrund seiner komplexen Morphologie mit keiner geometrischen Figur gut echokardiografisch zu quantifizieren.

Für die tägliche Praxis bietet es sich zwar an, im apikalen Vier-Kammer-Blick das enddiastolische und endsystolische Volumen zu planimetrieren und daraus die rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion zu berechnen. Sowohl die Ejektionsfraktion als auch die Volumina werden jedoch im Vergleich zu anderen Methoden wie der Kernspintomografie noch immer deutlich unterschätzt. Eine sehr gute Korrelation mit der rechtsventrikulären Ejektionsfraktion ist dagegen aus der Bestimmung der Bewegung des Trikuspidalklappenringes und aus Dopplerparametern, die zur Ermittlung des so genannten Tei-Index herangezogen werden, möglich. Zudem kann mithilfe dieser Parameter eine prognostische Aussage getroffen werden.

Anders als der linke Ventrikel verfügt der rechte Ventrikel vorwiegend über longitudinale Muskelfasern, die zu einer deutlichen baso-apikalen Bewegung des Trikuspidalklappenringes während der Systole führen. Bleibt die baso-apikale Bewegung unter 20 mm, ist dies ein pathologischer Befund, ein Wert unter 14 mm bei Patienten mit einer primär linksventrikulären Dysfunktion hat durch das erhöhte Auftreten kardialer Ereignisse eine prognostische Bedeutung.

Die Bestimmung des Tei-Index erfolgt über die Ermittlung der Zeit des pulmonalen Ausstroms sowie der Zeit zwischen dem Ende und dem Beginn des trikuspidalen Einstroms. Dieser Parameter ist ein Indikator der globalen rechtsventrikulären Funktion. Erhöhte Werte finden sich bei Patienten mit rechtsventrikulärer Dysfunktion. Der Index eignet sich gut zur Verlaufskontrolle, da ein Anstieg um 0,1 mit einem erhöhten Risiko – um das 1,3-Fache – für kardiale Ereignisse einhergeht.

Mithilfe der Echokardiografie ist es möglich, den systolischen, den diastolischen und den mittleren pulmonal-arteriellen Druck zu evaluieren. Am weitesten verbreitet ist heute die Bestimmung des systolischen pulmonal-arteriellen Druckes, der über die dopplerechokardiografische Bestimmung des Druckgradienten zwischen rechtem Ventrikel und Vorhof bei Vorhandensein einer Trikuspidalklappeninsuffizienz möglich ist. Um den systolischen pulmonal-arteriellen Druck zu erhalten, addiert man zu dem ermittelten Gradienten noch den rechtsatrialen Druck zwischen rechtem Ventrikel und Vorhof, wodurch sich eine sehr gute Korrelation zu invasiv gemessenen Werten ergibt.

Den diastolischen und den mittleren pulmonal-arteriellen Druck ermittelt man über die dopplersonografische Bestimmung des Druckgradienten zwischen Pulmonalarterie und rechtem Ventrikel bei Vorhandensein einer Pulmonalklappeninsuffizienz. Den diastolischen pulmonal-arteriellen Druck erhält man aus dem enddiastolischen Druckgradienten und dem rechtsatrialen Druck, den mittleren pulmonal-arteriellen Druck aus der Analyse des frühdiastolischen Druckgradienten.

Einfluss auf den Verlauf der Herzinsuffizienz

Insbesondere in Kombination mit einer eingeschränkten rechtsventrikulären Funktion bestimmt die pulmonal-venöse Hypertonie sowohl die ergometrische Belastbarkeit als auch die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten mit schwer eingeschränkter linksventrikulärer Dysfunktion. Hierbei scheint die rechtsventrikuläre Ejektionsfraktion prognostisch aussagekräftiger zu sein als die üblicherweise spiroergometrisch bestimmte Peak-Sauerstoffaufnahme (peak-vO2). Wie erläutert, determiniert der pulmonalvaskuläre Widerstand die Nachlast des rechten und die Vorlast des linken Ventrikels. Um den transpulmonalen Gradienten und somit die Hämodynamik aufrecht erhalten zu können, muss adaptiv eine positive Korrelation zwischen linksventrikulären Füllungsdrücken und pulmonal-arteriellen Drücken bestehen.

Wie stark diese reaktive pulmonale Vasokonstriktion und das begleitende pulmonal-vaskuläre Remodeling ausgeprägt ist, unterliegt jedoch grossen individuellen Schwankungen. Hierbei spielen neben der systolischen auch die diastolische linksventrikuläre Funktion und das Ausmass einer begleitenden Mitralklappeninsuffizienz sowie wahrscheinlich genetische Faktoren eine Rolle. Kann der kompetente rechte Ventrikel in der Regel die erhöhte Nachlast kompensieren, kommt es beim ischämisch oder myokarditisch geschädigten rechten Ventrikel unter Belastung zum Abfall des Herzzeitvolumens, da die systolische rechtsventrikuläre Funktion stärker von der Nachlast als von Kontraktilität und Füllungszustand determiniert wird und die Pulmonalstrombahn aufgrund des veränderten Vasotonus nicht relaxieren kann.

Unter Belastung resultiert somit bei schwerer sekundärer pulmonal-venöser Hypertonie oftmals ein Abfall des linksatrialen Druckes (PCWP) mit einer Abnahme der linksventrikulären Vorlast und konsekutivem Abfall des Herzzeitvolumens. Im fortgeschrittenen Stadium kommt es schliesslich zum Abfall des Herzzeitvolumens unter Ruhebedingungen. Aufgrund der ventrikulären Interaktion zwischen rechtem und linkem Ventrikel (gemeinsame Muskelbündel, gemeinsames interventrikuläres Septum, gemeinsamer perikardialer Raum) führt ein Anstieg des rechtsventrikulären enddiastolischen Diameters zudem zu einer diastolischen Kompromittierung des linken Ventrikels.

Kommt es im Verlauf zur rechtsventrikulären Dekompensation mit einem Abfall der systolischen Funktion und entwickelt sich eine höhergradige Trikuspidalklappeninsuffizienz, so wird auch bei erhöhtem pulmonal-vaskulären Widerstand kein erhöhter pulmonal-arterieller Druck mehr nachweisbar sein.

In Anbetracht der begrenzten Verfügbarkeit von Spenderorganen und der bei Patienten mit linksventrikulärer Dysfunktion letztlich oftmals diskutierten Option einer Herztransplantation, sollte aufgrund der prognostischen Bedeutung der sekundär pulmonal-venösen Hypertonie und begleitender Rechtsherzdysfunktion zur Risikostratifizierung zusätzlich zur spiroergometrischen Testung eine invasive hämodynamische Evaluation des kleinen Kreislaufs erfolgen. Hierbei gilt, dass die pulmonal-venöse Hypertonie vor allem in Kombination mit einer begleitenden rechtsventrikulären Dysfunktion als prognostisch ungünstig einzustufen ist.

Operative Revaskularisation

Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und einer ischämischen oder dilatativen Kardiomyopathie unterziehen sich häufig einer operativen Revaskularisierungsmassnahme oder Herzklappenkorrektur, um die linksventrikuläre Funktion zu optimieren. Die pulmonale Hypertonie spielt hier insofern eine Rolle, als durch die extrakorporale Zirkulation an der Herz-Lungen-Maschine massiv Zytokine aktiviert werden. So kann sowohl eine vorbestehende pulmonal-venöse Hypertonie aggravieren als auch diese selbst durch den kardiopulmonalen Bypass ausgelöst werden.

Mehrere Untersuchungen – sowohl im Tiermodell als auch bei kardiochirurgischen Patienten – zeigen, dass die postoperative Beatmungszeit und die perioperative Morbidität und Mortalität eng mit dem Vorliegen einer pulmonalen Hypertonie korrelieren. Die optimale therapeutische Strategie zur Führung kardiochirurgisch kritisch kranker Patienten mit pulmonaler Hypertonie und Rechtsherzdysfunktion ist komplex. Möglicherweise bieten hier selektive pulmonal-vaskuläre Vasodilatanzien zukünftig neue Therapieoptionen.

Prognose einer Herztransplantation

Klinisch von hoher Bedeutung ist die sekundäre präkapillare Erhöhung des Widerstands bei Patienten mit der Option einer Herztransplantation (HTX), da das gesunde Spenderherz das Druckniveau der pulmonalen Strombahn dauerhaft kompensieren muss. Daher ist es obligat, vor der Aufnahme der Patienten in die Transplantationsliste – und im weiteren Verlauf in halbjährlichen Intervallen – eine Rechtsherzkatheteruntersuchung durchzuführen, um die pulmonal-vaskulären Widerstände und pulmonal-arteriellen Drücke zu ermitteln. Besteht eine pulmonale Hypertonie, erfolgt in der Regel eine Reversibilitätstestung (Atmung reinen Sauerstoffs oder intravenöse Applikation medikamentöser Vasodilatanzien), um therapeutische Optionen für den Zeitraum nach der Transplantation abzuklären.

Vor allem der transpulmonale Gradient hat eine hohe prädiktive Aussagekraft über die postoperative Morbidität und Mortalität. So betrug bei Patienten mit einem transpulmonalen Gradienten von mehr als 12 mmHg die Ein-Jahres-Mortalität nach der Herztransplantation 36 %. Lag der Gradient dagegen unter diesem Grenzwert, war die Ein-Jahres-Mortalität jedoch nur 5 %. Eine fixierte, also eine kurzfristig nicht therapierbare pulmonale Hypertonie verbietet die Durchführung einer orthotopen Herztransplantation, da postoperativ in einem hohen Prozentsatz mit einem akuten Rechtsherzversagen des Spenderorgans gerechnet werden muss.

Nach wie vor ist die rechtsventrikuläre Dysfunktion bei pulmonaler Hypertonie für die Hälfte aller kardialen Komplikationen und für 19 % aller frühen Todesfälle nach orthotoper Herztransplantation verantwortlich. Kann die Transplantation hingegen erfolgreich durchgeführt werden, so ist mit einem reversen Remodeling der Pulmonalstrombahn zu rechnen, da die linksventrikuläre Dysfunktion als Ursache der pulmonalen Hypertonie kurativ behandelt wurde.

Ob es die wissenschaftlichen Fortschritte in der Entwicklung selektiv pulmonal-vaskulärer Vasodilatanzien möglich machen werden, auch Patienten mit schwerer pulmonaler Hypertonie mithilfe einer intensiven „pulmonal-vaskulären Konditionierung” zu transplantieren, müssen zukünftige Studien zeigen. Da sich bisher bei fixierter pulmonaler Hypertonie die Durchführung einer orthotopen Herztransplantation verbietet, verbleibt momentan letztlich nur die Option einer kombinierten Herz-Lungen-Transplantation, mit deutlich schlechterer Prognose.

Therapeutische Optionen

Da in der Pathogenese der pulmonal-venösen Hypertonie der erhöhte pulmonal-kapilläre Verschlussdruck eine Schlüsselrolle besitzt, steht die Optimierung der linksventrikulären Vorlast und des linksventrikulären Füllungsdruckes im Zentrum der therapeutischen Strategie. Neben operativen und interventionellen Massnahmen an Herzklappen und Koronarsystem, welche die linksventrikuläre Hämodynamik verbessern sollen, steht somit insbesondere die diuretische Therapie und die nachlastsenkende Therapie mittels ACE-Hemmern im Vordergrund. Möglicherweise kann ein frühzeitiger Einsatz dieser Substanzgruppen die Entwicklung einer pulmonal-venösen Therapie hinauszögern.

Im Gegensatz zur pulmonal-arteriellen Hypertonie besteht für die pulmonal-venöse Hypertonie keine Zulassung für Medikamente, deren Wirkung direkt am pulmonal-arteriellen Schenkel der Lungenstrombahn ansetzt. Obwohl bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz mehrere Interventionsstudien mit vasoaktiven Pharmaka – wie dem nichtselektiven Endothelin-Rezeptorantagonisten Bosentan oder dem Prostazyklinanalogon Iloprost – eine akute hämodynamische Verbesserung zeigten, ist ein Benefit durch eine Langzeittherapie mit diesen Substanzen bisher nicht belegt. Die publizierten Daten der FIRST[1]-Studie und auch präliminäre Daten aus ENABLE[2] zeigten, dass eine akute hämodynamische Verbesserung nicht mit dem Langzeiteffekt eines vasoaktiven Pharmakons gleichzusetzen ist.

Zusammenfassung

Die pulmonal-venöse Hypertonie ist ein wichtiger Prädiktor der Mortalität bei Patienten mit schwerer linksventrikulärer Dysfunktion. Der pulmonal-arterielle Druck korreliert hierbei linear mit dem kapillären Verschlussdruck und schützt so einerseits den linken Ventrikel vor einer Volumenüberladung, erhöht jedoch andererseits die rechtsventrikuläre Nachlast. Letztendlich ist die Entwicklung einer pulmonal-venösen Hypertonie bei chronischer Herzinsuffizienz auf die ansteigenden linksventrikulären Füllungsdrucke aufgrund der zunehmenden linksventrikulären Dysfunktion zurückzuführen. Von prognostischer Bedeutung scheinen – insbesondere zumindest bei Patienten mit schwerst eingeschränkter linksventrikulärer Dysfunktion – rechtsventrikuläre Parameter zu sein. Im Zentrum der therapeutischen Strategie steht die Optimierung der linksventrikulären Vorlast und des linksventrikulären Füllungsdruckes. Dazu eignen sich zum Beispiel operative Massnahmen an Herzklappen und Koronarsystem – insbesondere aber auch eine Behandlung mit Diuretika und ACE-Hemmern, mit dem Ziel, die Vor- und Nachlast des Herzens zu optimieren.

[@uelle:Medizinische Klinik und Poliklinik II Dresten]