09. Schweizer PH-Treffen

Bericht über das Schweizer PH-Treffen des SPHV vom 21. 05. 2011 in Olten

Am 21. Mai 2011 fand ein Patiententreffen des SPHV im Congress Hotel in Olten statt. Im Zentrum des gut organisierten Treffens stand ein Vortrag von Prof. Dr. Rudolf Speich vom Unispital Zürich. Das Thema lautete: „Therapien bei Pulmonaler Hypertonie, gestern, heute, morgen“. Am Treffen nahmen auch einige Sponsoren des Vereins teil, wobei sie mit betreuten Ständen anwesend waren, wo sich die interessierten Personen durch Broschüren, Flugblätter oder auch durch Gespräche mit den anwesenden Vertretern oder Vertreterinnen vor und nach dem Vortrag und auch in der Pause konnten informieren konnten. Anwesende Sponsoren waren Actelion, Bayer, Carbagas, MediService, OrphaSuisse, Pangas. Auch das Unispital Zürich unterstützte den Anlass. Peter Walker von der Sauerstoffselbsthilfegruppe organisierte Sauerstoff für diejenigen Teilnehmenden, die eine lückenlose Sauerstoffversorgung benötigten.

Zu Beginn des Anlasses hatten die Teilnehmenden Gelegenheit an einem Begrüssungskaffee (Kaffee, Tee und Gipfeli) miteinander Kontakt aufzunehmen und Erfahrungen auszutauschen und einander kennen zu lernen.

Pulmonale Hypertonie 2011

Das eigentliche Treffen begann um 10:00 mit der Begrüssung durch die SPHV-Präsidentin Therese Oesch. Sie informierte die Anwesenden über die Gründung und die bisherigen Aktivitäten des jungen SPHV und gab auch einen kurzen Ausblick über die geplanten Anlässe. Der Verein hatte an der ersten GV bereits 117 Mitglieder.

Pulmonale Hypertonie 2011

Danach begann Prof. Speich mit seinem von Power Point Folien unterstützen Vortrag, der durch eine halbstündige Pause unterbrochen war. Der Referent erklärte die verschieden Formen der pulmonalen Hypertonie und ihre Diagnose. Er erläuterte, dass die Letztere oft mit Schwierigkeiten verbunden ist, da die praktischen Ärzte nach wie vor mit dieser Krankheit zu wenig vertraut sind und oft die PH nicht vermuten (Atemnot, normales Röntgenbild, Fehlinterpretation beim EKG, obschon typische Veränderungen). Dadurch kann eine korrekte Behandlung verzögert werden (bis zu 2 Jahren und mehr Verzögerung!), obschon meistens ein dringender Handlungsbedarf besteht, was die Prognose für den Patienten verschlechtert. Herz-Ultraschall erlaubt eine Berechnung der Druckdifferenz zwischen Kammer und Vorhof, und die Addition des Venendruckes erlaubt eine Abschätzung einer möglichen PH, was aber allein keine abschliessende Diagnose möglich macht. Die Untersuchung mittels Rechtsherzkatheter allein wird in der Fachwelt als weltweiter Standard für die Erkennung von PH anerkannt. Der Rechtsherzkatheter ist die zuverlässigste Methode für die Diagnose von PH, während andere Diagnosemethoden wertvolle zusätzliche Erkenntnisse liefern können, obwohl sie allein oft keine zuverlässige Abklärung erlauben, z.B. Echo als Screening. Ein Rechts-Herz-Katheter mit einer Velobelastung erlaubt eine frühe Diagnose.

Die Spezialisten sind sich einig, dass PH mit einem mittleren Druck in den Lungenarterien von grösser als 25 mmHg (US), neuerdings grösser/gleich 20 mmHg beginnt.

Pulmonale Hypertonie 2011

Prof. Speich ging auf die verschieden Therapien ein, die gegenwärtig für die verschiedenen Arten zur Verfügung stehen. Bei gewissen Patienten kann die PH durch Calciumantagonisten (Norvasc, Amlodipin) reduziert werden. Calciumantagonisten sind bei 5 – 10 % von PH wirksam und können über Jahre die Behandlung der Wahl sein und eine normale Lebensqualität erlauben. Voraussetzung: Frühe Diagnose bevor irreversible Strukturveränderungen in den Gefässen auftreten!

Pulmonale Hypertonie 2011

Nachdem eine Linksherzproblematik und eine Lungenerkrankung ausgeschlossen sind, ist nach der Diagnose die Abgrenzung der beiden Formen wichtig, die den SPHV besonders interessieren, nämlich PAH (Erkrankung des Kreislaufs der Lunge and der Gefässe) und CTEPH (Verstopfung der Gefässe durch wiederholte Lungenembolien).

Pulmonale Hypertonie 2011

Der Referent erläuterte die klinische PH-Einteilung der WHO von 2003, welche die pulmonale arterielle Hypertonie PAH, die pulmonale venöse Hypertonie (Linksherzinsuffizienz), die pulmonale Hypertonie bei Lungenerkrankungen/Hypoxämie, die chronische thromboembolytische PH (CTEPH) und die PH bei seltenen Erkrankungen umfasst.

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Die Diagnose der CTEPH erfolgt durch eine Lungenszintigraphie, durch welche bei einer CTEPH Spickel ohne Durchblutung festgestellt werden können. Bei positivem Szintigramm werden die Lungenarterien durch ein Kontrastmittel dargestellt. Bei der CTEPH führt die pulmonale Endarteriektomie, eine chirurgische Therapie, bei rechtzeitiger Anwendung zu einer fast vollständigen Heilung. 2 -10% Sterblichkeit, je nach Zentrum. Prof Mayer (Bad Nauheim) hat sogar ein Rate von weniger als 2 % bei ca. 80 Operationen pro Jahr. Es ist eine schwierige Operation bei totalem Kreislaufstillstand bei 18°C, die nur von wenigen Thoraxchirurgen beherrscht wird. Der Kreislausstillstand kann über eine Stunde dauern. Dabei werden „Ausgüsse“ aus den Lungearterien herausgezogen. Das Alter des Patienten spielt bei dieser Operation kaum ein Rolle. Es wurden schon 80jährige erfolgreich operiert. Prof. Speich nannte 3 Chirurgen, die auf der europäischen Ebene genügend Erfahrung besitzen, nämlich Prof. Philippe Dartevelle in Paris (FR) *), Prof. Eckhard Mayer in Bad Nauheim (DE ) und Prof. Walter Klepetko in Wien. Der Referent plädierte dafür, dass diese Behandlung an möglichst wenigen Zentren durchgeführt wird, damit die behandelnden Chirurgen möglichst viel Erfahrung gewinnen können. Er zeigte eine Statistik, die klar belegte, dass Prof. Mayer bei seinen Operationen im Vergleich mit andern Zentren eine massiv geringere Todesrate ausweist. Obschon die Klinikleitung und die Politik dies nicht gerne sieht, werden am USZ gegenwärtig keine derartigen Operationen mehr durchgeführt; die Patienten werden nach Deutschland verwiesen.

Pulmonale Hypertonie 2011

Patienten mit PAH, die nicht chirurgisch therapiert werden können, da es sich um eine Gefässerkrankung handelt, erhalten eine medikamentöse Behandlung, wobei häufig eine Kombinationen von Mitteln verwendet wird. Die bekanntesten Arzneimittel sind Bosentan (Tracleer ®) und Sildenafil (Viagra ® und Revatio®) und die weniger häufig verwendeten Prostaglandine (Illomedin®, Remodulin®, Flolan ®). Die Nachteile der letztgenannten Mittel ist die Verabreichungsform, die entweder durch mehrmalige Inhalation pro Tag oder subkutan durch implantierte Dosierpumpen, erfolgen muss. Es wird erwartet, dass diese Gruppe von hochwirksamen Medikamenten in der Zukunft eine erhöhte Bedeutung erlangen wird, da Ihre Dosierung nach oben unbegrenzt ist. Auch sie haben unerwünschte Nebenwirkungen.

Pulmonale Hypertonie 2011

Prof. Speich gab einige wichtige Ratschläge für PAH-Patienten: Vermeiden von Höhenlagen über 1200m; beim Fliegen, das einer Höhe von 1800 m entspricht, Sauerstoff verwenden; keine abrupte Anstrengungen, kein forciertes Training, wenn Atemnot und Schwindel auftritt sofort Tätigkeit einstellen und ausruhen, beim Bücken tritt Atemnot auf, kein heisses Duschen! Wasseraufnahme auf ca. 1 ½ Liter beschränken; Gewichtszunahme durch Wasseraufnahme vermeiden; Schwangerschaft verboten; kein Voltaren, sondern andere Schmerzmittel verwenden.

Funktion der Medikamente: Es gibt drei Reihen, nämlich Bosentan, Sildenafil und Illoprost.
Bosentan (Tracleer ®) Endothelinweg; Lungengefäss hat Rezeptoren, die Endothelin aufnehmen. Endothelin hat die Eigenschaft Gefässe zusammenzuziehen. Es ist die stärkste derartige Substanz, die sich im Organismus befindet. PH: Rezeptoren sind vermehrt vorhanden; Endothelin ist auch vermehrt vorhanden. Ob dies eine Ursache oder eine Folge der Krankheit ist, ist unklar. PH-Patienten haben vermehrte Rezeptoren und Endothelin Das Gefäss zieht sich somit zusammen. Tracleer blockt die Endothelinrezeptoren und das Gefäss geht wieder auf, was den Druck vermindert. Körper bildet mehr Endothelin. Wird Tracleer plötzlich abgesetzt, ziehen sich die Gefässe wegen dem erhöhten Endothelinspiegel im Plasma zusammen. Die ist gefährlich und kann zum Tod führen! Die Therapie darf nie unkontrolliert unterbrochen werden! Eine vorbergehende Nichtzugänglichkeit des Medikaments, z.B. während einer Ferienreise im Ausland, führte bei 3 Patienten des USZ zum Tod!

Prostaglandintherapie wird früher oder später bei vielen Patienten unumgänglich, da das Prostaglandin als einziges Medikament unbeschränkt erhöht werden kann.
Alle drei Wege führen zu einem Zusammenziehen der Gefässe.

Prof. Speich schilderte die neusten Erkenntnisse der Forschung auf dem Gebiet der Therapien mit Medikamenten von der Monotherapie bis zur Kombinationstherapie, wobei er über die Erfahrungen mit Bosentan, Sildenafil auch mit Prostaglandinen wie Glivec und Illoprost und dem Einsatz von Wachstumsfaktoren (Epi-Genetik) und Riciguat berichtete. Beim USZ war schon früh der Off-label Use von Viagra möglich. Es zeigte sich dass in der Regel eine höhere Dosis erforderlich ist, als dies vom Hersteller beim Revatio (Sildenafil, das Für Lungenhochdruck zugelassen ist) vorgeschrieben ist. Bei Kombinationstherapien ändert sich die Aktivität der Wirkstoffe.

Für die Rehabilitation von Patienten werden seiner Meinung nach die besten Ergebnisse in Deutschland (Heidelberg) erzielt. Schliesslich erläuterte er die Interdisziplinäre Zusammenarbeit, die Wichtigkeit der PH-Sprechstunde am USZ und die Internationale Zusammenarbeit.
Prof. Speich ermunterte die Teilnehmenden ihre Erfahrung an andere Patienten weiterzugeben und auch als „Experten-Patienten“ mitzuhelfen das Wissen über die PH bei den Hausärzten, Versicherungen und bei der Politik weiterzuverbreiten.

Pulmonale Hypertonie 2011

Nach dem Abschluss des Vortrages bedankte sich sie SPHV-Präsidentin beim Referenten Prof. Speich für seine interessante Ausführungen.
Danach hatten die Teilnehmenden Gelegenheit an einem gemeinsamen Mittagessen im gemütlichen Rahmen teilzunehmen und weitere Erfahrungen auszutauschen.

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Pulmonale Hypertonie 2011

Unterlagen: vortrag_sphv_spr

Internet: Video einer Operation von Prof. Dartevelle:

[@uelle: Text. Franz Fischer / Bilder Bruno Bosshard / Mai 2011]